Mit «Fixstern» Reus zum Meister-Wunder
Der BVB geht bei zwei Punkten Rückstand auf Spitzenreiter FC Bayern nur als Aussenseiter in das Finale um die deutsche Fussball-Meisterschaft. Rückkehrer und Leitwolf Marco Reus soll dem zuletzt verkrampften Team zu mehr Leichtigkeit verhelfen.
Das Wichtigste in Kürze
- Keine Spur von Titelstress.
Fröhlich pfeifend verliess Marco Reus den Trainingsplatz im Dortmunder Vorort Brackel. Dem Hype um das Fernduell mit dem FC Bayern begegnet der Kapitän mit guter Laune und Lockerheit.
Die Rückkehr des Nationalspielers in das Team nach abgelaufener Rotsperre stärkt beim BVB vor dem Spiel am Samstag (15.30 Uhr/Sky) in Mönchengladbach den Glauben an ein Meister-Wunder. «Marco ist unser Fixstern», schwärmte Hans-Joachim Watzke im «Kicker», «wenn er ausfällt, ist das so, als müsse Barcelona auf Messi verzichten».
Dass der Showdown für den BVB in Mönchengladbach steigt, erhöht bei Reus den Nervenkitzel. Schliesslich trug er in der Zeit zwischen 2009 und 2012 das Trikot der Fohlen-Elf. Ein Triumph mit seinem Heimatclub ausgerechnet an alter Wirkungsstätte wäre die perfekte Inszenierung eines Jugendtraums. Schon zu Jahresbeginn brachte der in der Revierstadt geborene 29-Jährige seinen grossen Wunsch in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» zum Ausdruck: «Mit Dortmund als Dortmunder Junge das Ding irgendwann einmal hochzuhalten, das wäre brutal schön, gigantisch.»
Doch anders als zum Zeitpunkt dieses Interviews rangiert sein Club mittlerweile nicht mehr an der Tabellenspitze, sondern zwei Punkte hinter Spitzenreiter FC Bayern und muss deshalb auf einen Sieg der Frankfurter in München hoffen. Der Einbruch der Borussia, die zwischenzeitlich neun Zähler vor den Münchnern lag, hat viel mit dem Ausfall von Reus zu tun. In immerhin acht von 19 Pflichtspielen seit der Winterpause fehlte der Leitwolf - mal wegen eines Magen-Darm-Infekts, einer Bänderdehnung, eines Muskelfaserrisses, der Geburt seiner Tochter oder eben wegen seiner Roten Karte im Revierderby gegen Schalke.
Diese Zwangspausen brachten nicht nur sein Team, sondern auch Reus selbst aus dem Tritt. Anders als in seiner brillanten Hinrunde mit insgesamt 24 Torbeteiligungen war er in der Rückserie nur noch an neun Treffern beteiligt. Zudem haftet dem Ausnahmekönner bei aller Wertschätzung noch immer der Makel an, bisher erst einen Titel gewonnen zu haben. Richtig geniessen konnte er auch den BVB-Pokalsieg 2017 nicht, weil er im Finale gegen Frankfurt (2:1) bereits zur Halbzeit wegen einer Kreuzbandverletzung ausgewechselt werden musste.
Ein finaler Coup in Mönchengladbach könnte Reus endgültig von diesem Makel befreien und dem BVB nach kuriosem Saisonverlauf doch noch ein Happy End bescheren. «Wenn es bei den Bayern ein kleines Wanken gibt, dann wollen wir es nutzen», sagte Lizenzspielerleiter Sebastian Kehl.
Um den Druck auf die Bayern zu erhöhen und der eigenen Mannschaft die Verkrampfung der vergangenen Wochen zu nehmen, liess Hans-Joachim Watzke in dieser Woche kaum eine Gelegenheit aus, die kleine Chance grosszureden. «Das ist eine besondere Konstellation, es entscheidet die Interaktion zwischen beiden Orten», sagte der BVB-Geschäftsführer voller Hoffnung auf eine finale Dramaturgie zugunsten der Borussia. «Die Mehrheit rechnet damit, dass die Bayern am Samstagabend Meister sind. Das ist schon eine ganz coole Situation.»
So forsche Töne wie Watzke, der im Falle des neunten Titelgewinns lächelnd einen 24-stündigen Autokorso durch die Dortmunder Innenstadt in Aussicht stellte, wollte Michael Zorc nicht anschlagen. «Wir spielen erst einmal Fussball», kommentierte der Sportdirektor nüchtern. Gegen eine Titelsause hätte aber auch er nichts einzuwenden: «Wenn Aki noch ein paar Runden fahren will, lassen wir ihn nicht allein fahren.»