«Russland kann man nicht trauen»: Doping-Misstrauen bei der EM

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Deutschland,

Bei der EM schlägt den russischen Sportlern nach wie vor grosses Misstrauen entgegen.

Danil Lyssenko aus Russland beim Hochsprung.
Danil Lyssenko aus Russland beim Hochsprung. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Die russischen Sportler werden bei der EM noch immer misstrauisch beäugt.
  • Die Russen wurden des systematischen Dopings überführt.

Das Misstrauen gegen Russlands Leichtathleten ist drei Jahre nach Verhängung des noch bestehenden Doping-Banns weiter gross. «Den Russen kannst du grundsätzlich nicht trauen», sagte Zehnkämpfer Arthur Abele vor dem Start bei den Europameisterschaften am Dienstag in Berlin. «Jeder misstraut den Russen, es ist nun mal offenbar und offensichtlich.»

Wie eine Bestätigung der Skepsis des Ulmers wirkte Ende vergangener Woche die Nachricht vom russischen Weltklasse-Hochspringer Danil Lyssenko, der wegen Verletzung der Anti-Doping-Regeln sein Startrecht verloren hat. Er darf nicht als vom Weltverband IAAF anerkannter neutraler Athlet antreten. Der 21-jährige Hallenweltmeister meldete seine Aufenthaltsorte für mögliche Dopingtests (Whereabouts) nicht korrekt und nährte damit auch den Zweifel gegen die sorgfältig geprüften neutralen Athleten.

Eine Farce

«Mich würde es nicht wundern, wenn da auf lange Sicht wieder etwas aufkommt», meinte Abele. «Es ist von vornherein schon wieder 'ne Farce.» Ohne Topfavorit Lyssenko werden 29 neutrale Leichtathleten unter dem Kürzel «ANA» (Authorised Neutral Athletes) bei der EM antreten. Die IAAF hatte die Suspendierung Russlands vor einer Woche bis Dezember verlängert.

Der deutsche Sprint-Rekordler Julian Reus hält das für richtig. «Wenn man von Vertrauen spricht, dann muss man diesem System komplett vertrauen», sagte der Erfurter. «Aber 100-prozentig kann man das nicht, weil es immer noch Schlupflöcher gibt und Mittel, die nicht nachgewiesen werden können.»

Viele schwarze Schafe

Für Kugelstoss-Ass David Storl ist es falsch, «allein Russland den schwarzen Peter» zuzuschieben. «Es gibt genug schwarze Schafe, die in der Leichtathletik ihr Unwesen treiben», betonte der dreimalige Europameister. Das aufgedeckte systematische Doping rechtfertige aber, dass die Russen weiter ausgeschlossen sind. «Man sollte sich aber nicht darauf ausruhen und sagen, wir haben Russland ausgeschlossen und damit ist alles in Ordnung, sondern man sollte über den Tellerrand hinausschauen», so Storl.

Dies bestätigte auch die jüngste Mitteilung der Integritätskommission (AIU) der IAAF, seit April 2017 in rund 120 Doping-Fällen tätig gewesen zu sein. Darunter sind 103 Sportler, die 85 Medaillen bei Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften gewonnen haben. Allerdings: In 57 Fällen sind russische Leichtathleten involviert.

Weniger Russen

Für Thomas Dreissigacker, den leitenden Bundestrainer Lauf des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, haben die Massnahmen der IAAF Wirkung gezeigt. «Jetzt gibt es Chancengleichheit, die es vorher nicht gab», stellte er fest. «Die Anzahl der Russen im Topbereich ist geringer geworden. Das sagt ja einiges aus.»

Etwas resigniert hat Sprinterin Tatjana Pinto. «Egal, wie viel Zweifel man hat oder auch nicht: Man steht da am Start und kann da nichts machen», meinte die Läuferin vom LC-Paderborn. Mit Zuversicht begegnet Hürdensprint-Europameisterin Cindy Roleder dem Doping-Thema «Jeder, der am Start ist, der ist für mich sauber. Ich hoffe, dass genug Kontrollen in der letzten Zeit stattgefunden haben» und «Vieles in die richtige Richtung geht».

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