Formel 1 diskutiert über Budget-Grenze und Entwicklungsstopp
Die Coronavirus-Pandemie zwingt die Formel 1 zu nie dagewesenen Sparmassnahmen. Mitten in einer kritischen Phase wird das zur Zerreissprobe für den Sport.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Budget-Obergrenze in der Formel 1 soll für 2021 erheblich gesenkt werden.
- Statt 175 Millionen Dollar fordern einige Teams gar nur 100 Millionen pro Jahr.
- Zudem wird die Entwicklung der Fahrzeuge für die kommende Saison eingefroren.
Der Plan der Formel-1-Verantwortlichen sah Ende 2019 klar, strukturiert und wohlüberlegt aus. Zur Saison 2021 sollte die neue Fahrzeug-Generation eingeführt werden – in der Hoffnung auf besseres, engeres Racing. Eine Kostendeckelung sollte zugleich den Wettbewerb zwischen kleinen und grossen Teams fairer gestalten.
Kein halbes Jahr später sieht die Formel-1-Welt ganz anders aus – die Coronavirus-Pandemie stellt alle Pläne auf den Kopf. Die neue Autogeneration ist um ein Jahr verschoben. Die Kostendeckelung auf 175 Millionen Dollar pro Team und Jahr wirkt auf einmal viel zu hoch gegriffen.
Der Formel 1 droht ein Teamsterben
Und plötzlich ist die Frage nicht, wer Ende 2020 die Trophäen einheimst, sondern welche Teams noch übrig sind. McLaren-Boss Zak Brown warnte kürzlich, die Formel 1 könnte bis Jahresende gar vier Teams verlieren. Damit würde das Starterfeld von aktuell 20 auf nur noch 12 Fahrzeuge schrumpfen.
Dem wollen die Verantwortlichen gegensteuern, allem voran über eine deutliche Senkung der Kosten-Obergrenze. Für eine Absenkung auf 150 Millionen Dollar besteht unter den Teams zumindest eine grundsätzliche Einigkeit.
Manchen Mannschaften, wie eben McLaren oder Williams, geht das aber nicht weit genug. Sie wünschen sich ein Maximum von 100 Millionen pro Jahr.
Dass die Reduktion ganz so dramatisch ausfällt, ist unwahrscheinlich. Der Mittelweg – der dem ursprünglichen FIA-Vorschlag von Anfang 2018 nahekommt – liegt bei 145 Millionen.
Damit wären 2021 zusätzliche Ressourcen vorhanden, um die neue Auto-Generation zu entwickeln. Ab 2022 sollen die Budgets in der Formel 1 dann auf 130 Millionen Dollar pro Jahr begrenzt werden.
F1-Sportdirektor Ross Brawn ist beinahe froh über die Corona-Krise – weil sie in der Formel 1 für ein Umdenken sorgt. «Wir haben hart gekämpft, um uns mit den Teams auf die 175-Millionen-Grenze zu einigen. Das war höher als von uns gewünscht, aber darauf konnten wir uns mit den Teams einigen. Ich werde nicht so tun, als wäre das ideal, aber das war, was wir hinbekommen haben.»
«Die COVID-Krise hat ehrlich gesagt eine Chance geschaffen», so Brawn gegenüber «Sky F1». «Jetzt können die Leute einen zweiten Blick wagen, was ein realistisches und vernünftiges Budget-Niveau ist. Und es hat uns erlaubt, neu zu verhandeln – mit mehr Entschlossenheit und Engagement.»
Autos dürfen für 2021 nicht weiterentwickelt werden
Über die Budget-Grenze soll nächste Woche weiterverhandelt werden, bereits fixiert ist der Entwicklungsstopp für 2021. Auch im kommenden Jahr sollen die Teams ihre Autos aus der aktuellen Saison weiterverwenden.
Am Chassis, dem – nach der Power Unit – kostspieligsten Bauteil dürfen keine Veränderungen vorgenommen werden. Und auch die sonstige Weiterentwicklung soll reglementiert werden.
Spekuliert wird dahingehend über eine Wiedereinführung des Token-Systems in der Formel 1. Das kam in ähnlicher Form bereits bei der Umstellung auf die Turbo-Hybrid-Motoren ab 2014 zum Einsatz. Kurz gesagt: Jedes Bauteil ist eine bestimmte Anzahl dieser Token wert, und jedes Team erhält ein gewisses Budget. Wer Änderungen etwa an der Vorderradaufhängung vornehmen will, muss dafür eine Anzahl Token investieren.
Besonders betroffen vom Entwicklungsstopp ist vor allem ein Team: McLaren. Der englische Traditionsrennstall steigt 2021 von Renault- auf Mercedes-Motoren um. Die Anpassung eines bereits bestehenden Chassis an eine neue Power Unit ist mit erheblichem Aufwand verbunden. Ein neues Chassis darf das Team aus Woking aber nicht entwickeln.
Stattdessen soll man – beaufsichtigt durch die FIA – gewisse Änderungen vornehmen dürfen, um den neuen Motor einsetzen zu können. So soll verhindert werden, dass sich McLaren durch die Änderungen einen Leistungsvorteil erarbeitet.