McLaren-Teamchef Seidl hofft auf deutsche Nachwuchsarbeit

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Mexiko,

Sebastian Vettel und Nico Hülkenberg bilden die deutsche Fahrerfraktion in der Formel 1. In Andreas Seidl gibt es nur einen deutschen Teamchef. Der Passauer spricht im dpa-Interview unter anderem über das Pendeln und Wiener Schnitzel von Toto Wolff.

Teamchef beim McLaren-Rennstall: Andreas Seidl. Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Teamchef beim McLaren-Rennstall: Andreas Seidl. Foto: Sebastian Gollnow/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Für den einzigen deutschen Formel-1-Teamchef Andreas Seidl läuft es seit seinem Amtsantritt bei McLaren vielversprechend.

Bis zur Rückkehr nach oben ist es aber noch ein weiter Weg.

«Ab 2022 oder 2023 wollen wir regelmässig um Podiumsplätze und hoffentlich Siege mitfahren», sagte der Passauer der Deutschen Presse-Agentur. Im Interview spricht Seidl über McLaren-Übervater Ron Dennis, den Formel-1-Standort Deutschland und Wiener Schnitzel von Mercedes-Teamchef Toto Wolff.

Herr Seidl, zu Ihrer Zeit bei Porsche sind Sie zwischen München und Stuttgart gependelt. Nun pendeln Sie zwischen München und London. Hat sich dadurch etwas geändert?

Andreas Seidl: Im Vergleich zur A8 macht es im Wesentlichen keinen grossen Unterschied, weil die Flüge relativ gut sind und ich nicht weit weg vom Flughafen wohne, Woking ist auch nicht weit von Heathrow weg. Der Unterschied ist die grosse Anzahl an Rennen, 22 nächste Saison sind nicht familienfreundlich. Aber ich habe zum Glück eine Familie, die viel Verständnis aufbringt, mich unterstützt und mich auch nicht anders kennt (lacht).

Mercedes-Teamchef Toto Wolff sagte, dass den Silberpfeilen in McLaren mit dem neuen Motorendeal vielleicht ein Rivale für die Zukunft heranwachse. Haben Sie ihn im Nachhinein schon mal trösten müssen, was er da unter Umständen entfesselt hat?

Seidl: Es freut uns natürlich, wenn uns Toto respektiert, gleichzeitig hat er mit Sicherheit keine Angst vor uns. Was Toto mit seinem Team bei Mercedes in den letzten Jahren erreicht hat, ist einzigartig, sie sind die Benchmark in diesem Sport, sowohl auf der Team- als auch der Antriebsseite. Deswegen war es für mich das ganz klare Ziel, in Zukunft einen Weltmeisterantrieb in unserem Heck zu haben.

Der Mercedes-Motor ist also ein ganz wichtiger Baustein für Sie.

Seidl: Für uns ist das ein ganz wichtiger Meilenstein auf dem Weg zurück in Richtung Spitze, was klar unser Ziel ist. Unser Ziel ist es natürlich auch, Toto und Mercedes irgendwann ärgern zu können. Gleichzeitig muss man aber auch realistisch sein, was in den nächsten Jahren erreichbar ist.

Mercedes ist das dominante Team der vergangenen Jahre. Versucht man, sich diesen Rennstall und seine Strukturen als Vorbild zu nehmen?

Seidl: Man schaut in der Formel 1 immer, was die Konkurrenz technisch und organisatorisch macht. Das macht auch einen Teil des Spasses aus, weil man permanent Konkurrenzanalyse betreibt. Wenn Toto morgen in der Presse erzählen würde, dass er seinen Jungs am Sonntagmittag Wiener Schnitzel gibt und das der Grund für den Erfolg sei, dann fangen wahrscheinlich die anderen neun Teams an, das mal im Ansatz zu untersuchen, ob das denn sein könne (lacht).

Sie haben die sogenannte Management-Matrix von Ron Dennis abgeschafft, wonach der Rennstall weniger von Einzelpersonen abhängig sein wollte. War das auch ein wichtiger Akt, um sich vom einstigen McLaren-Übervater abzusetzen?

Seidl: Ich habe eine klare Vorstellung, wie man ein grosses Motorsportprojekt angehen muss, um erfolgreich zu sein. Ich bin ein grosser Fan von traditionellen, einfach verständlichen Motorsportstrukturen, von klaren Reportinglines und einem klaren Leadership. Meine drei grossen Abteilungen Technik, Produktion und Rennmannschaft bekommen von mir die Unterstützung und gleichzeitig auch die Freiheit, ihre eigenen Abteilungen zu führen und zu gestalten, weil ich das so in meiner ganzen Laufbahn auch selbst so erfahren habe. Erfolg im Motorsport ist eine Teamleistung und es ist wichtig, dass jeder einzelne Mitarbeiter im Team entsprechend seinen Talenten und Erfahrungen optimal eingesetzt ist und ihm bewusst ist, wie wichtig seine tägliche Arbeit ist und zum Gesamterfolg beiträgt.

Haben Sie als Passauer und McLaren-Direktor Zak Brown als Kalifornier schnell zueinander finden können?

Seidl: Wir waren von Anfang an auf einer Wellenlänge. Zak hat mich letztes Jahr in Le Mans mit der Idee angesprochen, dieses Team zu leiten. Das war für mich natürlich direkt attraktiv, weil ich ein Racer bin und die Formel 1 die Königsklasse ist. Ich will hier Teil des McLaren-Teams sein, das es hoffentlich schafft, das nächste erfolgreiche Kapitel von McLaren in der Formel 1 zu gestalten. Das treibt mich und die Truppe jeden Morgen aus dem Bett. Hierfür habe ich die volle Unterstützung von Zak.

Die Liste Ihrer Vorgänger als McLaren-Teamchef ist mit Namen wie Bruce McLaren oder Ron Dennis überschaubar, aber zugleich weltbekannt. Ist das historische Erbe des ehemaligen Weltmeisterteams eine Last?

Seidl: Das ist für mich keine Last, das ist Motivation. Wir wollen mit diesem Team wieder den Anschluss an die Spitze in der Formel 1 schaffen. Mit der Mannschaft, die wir haben, mit dem klaren Bekenntnis und der Unterstützung von Zak und den Teambesitzern und den Investments, die wir jetzt schon angestossen haben wie dem neuen Windtunnel, bin ich zuversichtlich, dass wir das auch schaffen. Ab 2022 oder 2023 wollen wir regelmässig um Podiumsplätze und hoffentlich Siege mitfahren.

2020 gibt es kein Formel-1-Rennen mehr in Deutschland, in Sebastian Vettel vielleicht nur noch einen deutschen Fahrer - ist der Formel-1-Standort Deutschland nur noch eine Randerscheinung?

Seidl: Aufgrund der Historie, sowohl auf Fahrerseite als auch Streckenseite, ist Deutschland ein wichtiger Bestandteil der Formel 1. Es ist schade, dass wir nächstes Jahr das Rennen in Hockenheim nicht mehr haben. Ich habe trotzdem die Hoffnung, dass wir es wieder schaffen, in Deutschland ein Rennen zu veranstalten. Auf der Fahrerseite ist es bis zu einem gewissen Grad ein normaler Zyklus, den man durchläuft. Es gibt Phasen, in denen man viele Fahrer hat, da spielt auch das Timing eine Rolle. Wichtig ist, dass man nach wie vor in die Nachwuchsarbeit investiert, um den Pool an guten Fahrern hochzuhalten. Dann bin ich mir sicher, dass künftig auch wieder regelmässig deutsche Talente hier aufschlagen werden.

ZUR PERSON: Andreas Seidl (43) kommt aus Passau. Von 2000 bis 2009 arbeitete er für das Formel-1-Projekt von BMW, die letzten drei Jahre als Einsatzleiter an der Rennstrecke. Mit Porsche gewann er dreimal in Le Mans. Seit dem 1. Mai ist er McLaren-Teamchef.

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