Stefan Küng, das neue Gesicht der Tour de Suisse
Das Wichtigste in Kürze
- Jahrelang hatte Fabian Cancellara den Schweizer Radsport und die Tour de Suisse geprägt und dank seiner zahlreichen grossen Erfolge auch überstrahlt.
Nach dessen Rücktritt 2016 hat Stefan Küng die Rolle des Schweizer Aushängeschilds übernommen.
Die um mehr Aufmerksamkeit und mehr Sponsoren buhlende Tour de Suisse ist auf ein «Gesicht» angewiesen. Und mangels Kandidaten auf den Gesamtsieg legen die Organisatoren Küng - wie bereits Cancellara - regelmässig den roten Teppich aus, indem sie die Rundfahrt mit Zeitfahren beginnen lassen und dem 25-jährigen Ostschweizer damit die Gelegenheit bieten, ins gelbe Leadertrikot zu schlüpfen.
Die Tour de Suisse lässt sich nur mit erfolgreichen Schweizern besser verkaufen. Küng ist sich seiner Stellung deshalb bewusst. Er spricht nicht nur von seinem «Lieblingsrennen», wenn er über die Tour de Suisse spricht, er sagt auch Sätze wie «Ich weiss, was ich von der Tour de Suisse erwarten kann. Die Tour de Suisse weiss aber auch, was sie von mir erwarten kann. Und ich fühle mich in der Lage, diese Erwartungen zu erfüllen.».
Mit anderen Worten: Küng will nicht nur für sich selbst, sondern auch ein wenig für die Tour und damit den Schweizer Radsport siegen.
Am Samstag bietet sich Küng die Chance, auch an seiner dritten Tour de Suisse das gelbe Leadertrikot zu erobern. 2017 musste Küng den Sieg in der Startprüfung gegen die Uhr zwar dem Australier Rohan Dennis überlassen, er eroberte das Trikot aber am Tag danach mit dem Gewinn von Bonifikationssekunden. Letztes Jahr siegte das Team BMC unter der Führung von Küng im Mannschaftszeitfahren. Ganze vier Tage fuhr der Thurgauer danach als Leader durch die Schweiz.
Dieses Jahr steht im Emmental wieder ein Einzelzeitfahren im Programm, etwas länger als vor zwei Jahren in Cham, aber mit einem ähnlich flachen Parcours. Zum Schweizer Spielverderber könnte ausgerechnet wieder Rohan Dennis werden. Küng und der Australier fahren zwischenzeitlich nicht mehr für dasselbe Team, Konkurrenten in den Zeitfahren sind sie aber geblieben. Letzten Herbst gewann Dennis, der neu bei Bahrain Merida unter Vertrag steht, gar den WM-Titel.
Küng ist dennoch zuversichtlich: «Das Zeitfahren in Langnau ist prädestiniert für meine Qualitäten. Es wird aber schwierig werden, gerade gegen Rohan. Aber ich konnte auch ihn schon schlagen in der Vergangenheit. Wenn alles funktioniert, ist ein Sieg sicher möglich.» Küng bereitete sich in den letzten Wochen und Tagen explizit auf die kommenden Tage und die Prüfung vor.
Klappt es am Samstag nicht mit dem Gelben Trikot, bieten sich Küng in den Tagen danach aus mehreren Gründen immerhin weitere Chancen auf einen Etappensieg. Einerseits findet im Goms am zweitletzten Tag eine zweite Prüfung gegen die Uhr statt, andererseits startet Küng als klarer Leader seiner neuen Mannschaft Groupama-FDJ und geniesst entsprechend viele Freiheiten.
«Es ist eine sehr abwechslungsreiche Tour de Suisse mit vielen Möglichkeiten für einen Fahrertyp wie mich», so Küng. «Wir haben weder einen Sprinter noch einen Fahrer für das Gesamtklassement dabei. Deshalb wird für mich sicher viel möglich sein. Die letzten beiden Jahre haben mir an der Tour de Suisse viele schöne Momente und Erfolge beschert. Das will ich auch dieses Jahr unbedingt wieder erleben.»
Zwei Saisonsiege hat Küng auf seinem Konto: An der Algarve-Rundfahrt im Februar gewann er das Zeitfahren, an der Tour de Romandie Anfang Mai gewann er in Morges eine Etappe im Regen solo. Ein gutes Omen? Zumindest am Sonntag für die 2. Etappe rund um Langnau ist schlechtes Wetter angesagt...