Tour-Sieger Pogacar unersättlich: Angriff als Verteidigung

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Italien,

Pogacar dominiert die Konkurrenz nach Belieben und fährt reihenweise Siege ein wie früher der als «Kannibale» titulierte Merckx. Nun will sich der Radstar den Klassiker Mailand-Sanremo holen.

Tadej Pogacar hat bereits neun Saisonsiege eingefahren.
Tadej Pogacar hat bereits neun Saisonsiege eingefahren. - David Pintens/Belga/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Tadej Pogacar gönnte sich eine kleine Trainingsrunde auf dem Rennrad mit Freundin Urska Zigart entlang der Mittelmeerküste.

Ein wenig Erholung vor dem strapaziösen Frühjahrsklassiker Mailand-Sanremo.

Aber eigentlich habe es der zweimalige Tour-de-France-Sieger in diesem Jahr ohnehin ganz gemächlich angehen lassen, wie er suggerieren will. So habe er auf ein Höhentrainingslager verzichtet. «Ich fühle mich frischer im Kopf, aber weniger stark in den Beinen.» Worte, die sich für die Konkurrenz noch zusätzlich wie eine Drohung anfühlen müssen.

Denn was der slowenische Ausnahmefahrer in dieser noch jungen Saison bereits auf seinen zwei Rädern demonstrierte, hatte schon kannibalistische Züge à la Eddy Merckx. Neun Saisonsiege hat er bereits eingefahren, bei der schweren Rundfahrt Paris-Nizza erteilte Pogacar jüngst seinem grossen Rivalen und aktuellen Tour-Champion Jonas Vingegaard eine bittere Lehrstunde. Nun will er seinen scheinbar grenzenlosen Hunger auf Siege bei den grossen Klassikern fortsetzen, gleich am Samstag schon in Sanremo. «Ich mag dieses Rennen wirklich sehr, auch wenn es wahrscheinlich am schwersten ist, dort zu gewinnen», sagt der 24-Jährige vor dem Ritt über 294 Kilometer.

Rivalen beeindruckt

Das Ziel in Sanremo liegt nur unweit seines Wohnortes Monaco, wo er zusammen mit der Radrennfahrerin Zigart lebt. Und nachdem Pogacar im vergangenen Jahr am Poggio zu früh beschleunigt hatte und am Ende nur Fünfter wurde, hat er den Schlussanstieg der Classicissima in die ein oder andere Trainingsrunde eingebaut. Pogacar macht nur selten einen Fehler zweimal. So habe er auch im Sommer bei seinem zweiten Platz bei der Tour, als er von Vingegaard entthront worden war, viel gelernt: «Daraus ziehe ich meine Motivation.»

Was das für die Konkurrenz bedeutet? Der Franzose Romain Bardet, immerhin selbst zweimal auf dem Tour-Podium, kann es sich gut ausmalen. «Wenn er beschleunigt, bin ich eine Stufe darunter. Ich hoffe, dass ich noch Luft nach oben habe, sonst fahre ich nicht mehr lange Rad. Wenn man solche Schläge einstecken muss...», sagte Bardet der Zeitung «L'Equipe» nach Pogacars Machtdemonstration bei Paris-Nizza. Die drei schwersten Etappen hatte das Leichtgewicht aus Komenda dort gewonnen, unterwegs noch jede Bonussekunden eingesammelt. «Man sagt doch: Angriff ist die beste Verteidigung», scherzte Pogacar.

Im Fahrerfeld wird darüber weniger gelacht, es macht sich mitunter eine gewisse Resignation breit angesichts der Überlegenheit von Pogacar, der über einen Ruhepuls von 38 Schlägen pro Minute verfügt und einen Anstieg auch schon mit 500 Watt bewältigt hat. «Ich war schon immer ehrgeizig und fahre gerne Rennen, daher kommt der Wunsch, immer gewinnen zu wollen. Aber ich denke, das ist bei den meisten Fahren so», sagte der Unersättliche dazu. Aber seit Merckx hat es kaum einen Fahrer gegeben, der auf jedem Terrain Siege einfährt.

Pogacar will auch WM-Titel gewinnen

Zu Zeiten der später des Dopings überführten Jan Ullrich und Lance Armstrong hat man die grossen Rundfahrer im Frühjahr kaum gesehen, und nach dem Highlight im Sommer liessen sie die Saison auch schon wieder langsam ausklingen. Das ist jetzt anders. Pogacar geht in den nächsten Wochen auch noch bei weiteren Monumenten wie der Flandern-Rundfahrt und Lüttich-Bastogne-Lüttich, wo er 2021 schon gewann, an den Start. Und die Kopfsteinpflaster-Tortur bei Paris-Roubaix? «Das will ich eines Tages auch ausprobieren, aber nicht 2023», betont der Kapitän des UAE-Teams. Immerhin.

An grossen Zielen mangelt es ihm nicht, auch die WM will er innerhalb der nächsten fünf Jahre unbedingt gewinnen, vielleicht schon dieses Jahr im August in Schottland. «Letztes Jahr war ich im August schon müde, deshalb habe ich es vorgezogen, das Jahr ruhiger anzugehen», erklärte Pogacar – was nun eher wie eine Drohung klingt.

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