Jannik Sinner: Doping-Experte schimpft nach Freispruch
Der Tennis-Weltranglistenerste Jannik Sinner wird trotz positiver Tests nicht gesperrt. Ein Doping-Experte schimpft – Sinners Trainer verteidigt den Italiener.
Das Wichtigste in Kürze
- Geht es nach Doping-Experte Fritz Sörgel, ist im Fall Sinner einiges schief gelaufen.
- Der positive Test auf Clostebol hätte eine automatische Sperre nach sich ziehen müssen.
- Sinners Coach Darren Cahill verteidigt seinen Schützling.
Doping-Experte Fritz Sörgel hat den Freispruch für Tennis-Star Jannik Sinner kritisiert. Der Weltranglistenerste wurde positiv auf das verbotene anabole Steroid Clostebol getestet.
«Wenn jemand positiv auf Clostebol getestet wird, dann wird er automatisch gesperrt. Die Reihenfolge nach einem positiven Test, der angezweifelt wird, ist: Der Gang zur Nationalen Anti-Doping Agentur, zur Wada, zum Cas. Wieso kann Sinner dann von einem Gericht freigesprochen werden?»
Die Angelegenheit habe für ihn «auf jeden Fall» einen seltsamen Beigeschmack: «Das stinkt zum Himmel», so Sörgel bei «Sport1».
Wenn die Wada generell bei solchen Fällen nicht durchgreife «und wie in den letzten Jahren aufgrund ähnlicher Ausreden Freisprüche aussprach. Dann geht es immer so weiter. Jetzt muss ein klarer Strich gezogen werden», forderte Sörgel.
«Clostebol führt automatisch zu einer zwei- bis vierjährigen Sperre. Da führt kein Weg dran vorbei.» Die Wada müsse jetzt eingreifen, ist Sörgel überzeugt.
Trainer Cahill stärkt Sinner den Rücken
Tennis-Coach Darren Cahill hat seinen Schützling hingegen verteidigt und jeglichen Vorsatz ausgeschlossen. «Er würde nie etwas absichtlich tun. Er war in einer unglücklichen Situation», sagte Cahill in einem Interview des US-Senders ESPN.
«Die Wahrheit ist heraus, kein Fehler oder Fahrlässigkeit, und hoffentlich kann er das hinter sich lassen», so Cahill. Der Vorfall habe bei Sinner «körperlich und geistig zermürbt, er bekam eine Mandelentzündung und verpasste die Olympischen Spiele.»
«Wir sind nicht auf der Suche nach Kummer. Wir sind nur dankbar, dass es keine Sperre gibt», so der Kanadier.
Experte zweifelt an der Version von Jannik Sinner
Jannik Sinner war im März zweimal positiv auf das verbotene anabole Steroid Clostebol getestet worden. Das teilte die International Tennis Integrity Agency erst am Dienstag mit.
Gesperrt wird Sinner nicht, denn: Ein unabhängiges Tribunal habe festgestellt, dass der 23-Jährige durch einen Physiotherapeuten mit dem Steroid in Berührung gebracht wurde. «Die Agentur in London, die den Fall entschied, dürfte im Sport nicht zählen», meinte Experte Sörgel.
Sinner hatte in einem Statement erklärt, dass der Betreuer ein in Italien rezeptfreies Clostebol-haltiges Spray benutzt habe. Dies, um einen Schnitt an seinem Finger zu behandeln. Auch Sinner habe an seinem Körper offene Wunden gehabt, so sei es zur Kontamination gekommen.
Das zweifelt Experte Sörgel an: «Auch wenn er ihn jeden Tag massiert: Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass das Clostebol in solchen Mengen durch die Haut eindringt. Und zwar so, dass es im Dopingtest auffällt», so Sörgel.
«Diese Methode der Ausrede, dass es über die Haut aufgenommen wird, wird in letzter Zeit verstärkt verwendet. Und das ist nun ein weiterer Fall.» Mittel mit Clostebol in bestimmten Konzentrationen hätten «schon eine Dopingwirkung», sagte der Experte.