Schweizer Triumph? Darum freue ich mich als Ösi trotzdem auf Ski-WM
Kurz vor der Ski-WM dominiert das Schweizer Team den Ski-Weltcup. Droht die grosse Langeweile – oder dürfen sich die Österreicher trotzdem auf die WM freuen?
Das Wichtigste in Kürze
- Am Wochenende wartet im Weltcup mit den Kitzbühel-Rennen das nächste Highlight.
- Vom 4. bis 16. Februar steigt in Saalbach (Ö) die Ski-WM.
- Die Formkurve spricht klar für die Schweizer.
- Trotzdem freut sich Nau-Sportredaktor Mathias Kainz als Österreicher auf die WM.
Das Schweizer Ski-Team dominiert im Weltcup – allen voran Überflieger Marco Odermatt. Erzrivale Österreich wehrt sich nach dem Lauberhorn sogar gegen Mitleid. Und das mit der Hahnenkamm-Abfahrt und der Heim-WM in Saalbach vor der Brust!
Droht wegen der Schweizer Formstärke die grosse Langeweile an der WM? Oder dürfen sich auch die Österreicher auf ihre Heim-Weltmeisterschaft freuen? Im Nau.ch-Sport ist man sich nicht einig.
Mathias Kainz, Sportredaktor
«Als Österreicher erlebe ich gerade eine mehr als schmerzhafte Ski-Saison. Wenn die Nationenwertung irgendwo auch nur erwähnt wird, laufe ich schreiend weg.
Aus rot-weiss-roter Sicht holen aktuell nur Vince Kriechmayr, Conny Hütter und Kathi Liensberger die Kohlen aus dem Feuer.
Klar, das sind drei grosse Namen mit einer langen Liste an Erfolgen. Dahinter herrscht aber eine für Österreich untypisch grosse Lücke.
Die drei Vorgenannten sind die einzigen ÖSV-Athleten, die es in die Top Ten im Gesamtweltcup schaffen. Würden sie wegfallen, wäre Österreich aktuell nur auf Nationen-Rang 3 – hauchdünn vor Italien.
Und trotzdem freue ich mich auf diese Heim-WM in Saalbach! Und das aus einem einfachen Grund – für den ich zwei Schilling ins Phrasenschwein werfe: Eine Ski-WM hat, ähnlich wie Cup-Wettbewerbe im Fussball, ihre eigenen Gesetze. Manch ein Athlet erlebt auf der grossen Bühne seine Sternstunde, vielleicht sogar die einzige.
Beispiele gefällig?
Der amtierende Super-G-Weltmeister James Crawford etwa wartet immer noch auf seinen ersten Weltcup-Sieg. Ex-Riesen-Weltmeister Mathieu Faivre gewann einen seiner drei Riesenslaloms an den Titelkämpfen 2021 in Cortina. Die amtierende Slalom-Weltmeisterin Laurence Saint-Germain stand noch nie auf dem Weltcup-Podest.
Wird die Schweiz an der Ski-WM in Saalbach den Medaillenspiegel dominieren? Mit grosser Wahrscheinlichkeit – aber vorhersehbar werden die Rennen keineswegs.
Bis auf den Riesenslalom der Männer gibt es keine Disziplin mit einem einzigen dominanten Namen. Es wird Überraschungen geben – vielleicht auch ein paar rot-weiss-rote. Das Mitleid könnt ihr euch also sparen, liebe Schweizer!»
Christoph Böhlen, Sportchef
«Das Schweizer Team reist als grosser Favorit an die WM in Saalbach. Und das haben wir uns als Ski-Nation redlich verdient. Schliesslich haben auch wir ganz dunkle Jahre hinter uns – das weiss der rot-weiss-rote Erzrivale bestens.
Während ich in meiner Jugend Riesenslalom-Siege von Mike von Grünigen bejubelte, musste ich eben auch die erdrückende Dominanz von Hermann Maier ertragen.
Und obwohl ich damals erst zwölf Jahre alt war, hat sich der neunfache (!) Ösi-Sieg im Super-G am Patscherkofel kurz vor Weihnachten 1998 in mein Gehirn gebrannt.
Was haben die Ösis jahrelang dominiert: Maier, Renate Götschl, Benni Raich, Marlies Schild – und dann erst noch Marcel Hirscher! Mitleid ist also weder damals noch heute angebracht!
Es ist nichts als fair, stellt jetzt wieder die Schweiz mit Überflieger Marco Odermatt den besten Skifahrer der Gegenwart. Mindestens. Dazu kommen mit Lara Gut-Behrami, Wendy Holdener oder Loïc Meillard weitere Top-Cracks. Von der Camille Rast oder Franjo von Allmen ganz zu schweigen.
Bei der WM in Saalbach werden wir den Medaillenspiegel dominieren, das weiss auch Kollege Kainz.
Denn: Sollte Marco Odermatt in einem Rennen nicht die nötige Tagesform haben, warten hintendran die nächsten Schweizer Trümpfe.
Mein Tipp: Unter acht Medaillen werden wir gar nicht erst nach Hause fahren.
Doch der Blick auf die Geschichtsbücher zeigt, dass stets eine Portion Demut gefragt ist. Alle dominanten Phasen finden einmal ein Ende, plötzlich stehen uns die Ösis wieder vor der Sonne.
Das darf aber gerne noch ein paar Jahre warten – jetzt dürfen wir es einfach mal geniessen!»