Überwachungsexperiment in Brasiilien
Das Wichtigste in Kürze
- Der Zuschauer ist Akteur und wird durch Überwachung zum Opfer.
- Nach Berlin und München hat das Überwachungsexperiment «yoUturn» der Berliner Regisseurin Christiane Mudra auch im brasilianischen Fortaleza für Diskussionen gesorgt.
Beim Überwachungsexperiment «yoUturn», der Berliner Regisseurin Christiane Mudra, meldet sich ein Teilnehmer per Handynummer an. Aus den Handydaten wird eine Akte über den Teilnlehmenden erstellt, anschliessend wird er zu einem Ort bestellt, stellt fest, dass er alleine ist und wird wie bei einer Schnitzeljagd zu verschiedenen Orten geschickt und dabei ständig überwacht. Am Ende wird er verhaftet.
Die Reggiseurin hat sich in Deutschland eingehend mit den Stasi-Methoden und modernen
Überwachungstechniken beschäftigt. In Brasilien gab es von 1964 bis 1985 eine
Militärdiktatur - die Adaption des Stückes in der nordbrasilianischen Stadt
Fortaleza sei auch der Versuch, diese Erinnerungen wachzurufen - und vor neuen
autoritären Tendenzen und der zunehmenden Überwachung im öffentlichen Raum zu
warnen. «Viele junge Teilnehmer und Zuschauer zwischen 20
und 35 Jahren reagieren unglaublich emotional.» Besonders Kinder von
damaligen Folteropfern hätte das Stück sehr bewegt.
Projekt wird vom Goethe-Institut unterstützt
«In
Brasilien gibt es bei einigen Bevölkerungsschichten wieder einen Ruf nach einer
Diktatur», sagte Mudra mit Blick auf die politische Krise und die umstrittene
Amtsenthebung der linken Präsidentin Dilma Rousseff. In den vergangenen zwei
Wochen gab es pro Tag jeweils vier dieser Experimente, das Projekt wird vom
Goethe-Institut unterstützt. Nach und nach erfährt der Protagonist, dass er
überwacht wird, etwa durch Hinweise, er solle sich nicht hinsetzen, wenn er
sich an einer Station setzen will. Es gehe darum, Machtstrukturen zu zeigen,
welche Spuren man im Netz hinterlässt.