Der Tolino Vision Color bringt Farbe ins Spiel

Der Tolino Vision Color kombiniert die Energieeffizienz von eReadern mit einem Farbdisplay und Notizfunktionen – aber nicht ganz beschwerdefrei.

Der Tolino Vision Color ist ein Kobo-eReader von Tolino, einem Zusammenschluss der Buchhändler Thalia, Weltbild, Hugendubel, Mayersche Buchhandlung und Osiander sowie Libri. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Tolino Vision Color ist ein eReader mit Farbdisplay und Notizfunktionen.
  • Ganz perfekt sind die beiden Besonderheiten des neuesten Geräts der Serie aber nicht.
  • Nichtsdestotrotz kann der Tolino Vision Color eine ausgezeichnete Lese-Erfahrung liefern.

Tolino hat sich mit ihren beiden neuen eReadern erstmals in die Welt der Farbdisplays gewagt. Zudem ist mit dem Tolino Stylus erstmals ein Tablet-Stift für die eReader-Serie verfügbar. Der Testbericht von Nau.ch zeigt, was die beiden Geräte taugen.

Handhabung und Design

Der Tolino Vision Color fällt im ersten Augenblick vor allem durch den breiten «Griff» auf der Seite auf. Dort sind zwei Knöpfe verbaut, die vorwiegend zum Blättern in eBooks gebraucht werden. Mir persönlich gefällt die Haptik sehr – es ist einfacher, den eReader «fest» in der Hand zu halten und das Blättern über die Knöpfe fühlt sich angenehmer an, als auf den Touchscreen zu tippen oder zu wischen.

Da Inhalte automatisch nach der Ausrichtung des Displays rotieren, kann man die Verbreiterung auch an einer anderen Seite des Screens positionieren.

Im Vergleich mit dem Tolino Vision 6 konnte das Gewicht um 15 Gramm auf 200 Gramm reduziert werden. Doch trotz der Gewichtsreduktion und dem Haltebereich erwische ich mich oft dabei, wie ich den eReader mit beiden Händen halte. Der Schwerpunkt liegt nämlich in der Mitte des Geräts und aufrecht gehalten kippt dieses relativ leicht ab, wenn man es nur einhändig hält.

Ein- und ausschalten kann man den eReader mit dem Knopf auf der Rückseite. Wer den separat erhältlichen Tolino Stylus hat, kann diesen an der Kante magnetisch anheften.

Spezifikationen und Grösse

Der Akku wurde für dieses Modell massiv vergrössert und misst nun 2050 Milliamperestunden. Eine Aufladung reicht für unzählige Lesestunden – in meiner Testphase musste ich mir deswegen gar keine Gedanken machen. Auch ist eine IPX8-Zertifizierung vorhanden, womit der eReader bis zu 60 Minuten unter bis zu einem Meter Wasser aushält.

Verbaut ist ein MediaTek-Prozessor mit 1 GB Arbeitsspeicher. Das Blättern und Laden von Büchern verläuft problemlos. Doch die Nutzung und Navigation abseits des Lesens kann frustrierend sein – so wartet man manchmal einige Sekunden, bis das gewünschte Fenster sich öffnet. Meiner Erfahrung nach ist das aber der Preis, den man für den langanhaltenden Akku bei eBooks zahlt, insbesondere bei grösseren Displays.

Der 1-GB-RAM-Prozessor des Tolino Vision Color kann im integrierten Shop manchmal etwas frustrieren. - Nau.ch

Bis zu 32 GB an eBooks, PDFs und Hörbüchern kann man auf dem Lese-Pad verstauen – entweder über den integrierten Shop oder mittels Verbinden mit dem eigenen PC. Letztere können mittels Bluetooth an Kopfhörer oder Lautsprecher übertragen werden. Auch werden diese dank dem unterstützten 5-Gigahertz-WLAN-Spektrum schneller heruntergeladen als noch bei Vorgängern.

Der Vision Color weist ein E-Ink Kaleido 3-Display von 7 Zoll mit Backlight auf. Dieses kann – wie der Gerätename erraten lässt – neu Farben darstellen. Dessen Helligkeit und Blaulicht-Anteil kann man mittels smartLight-Funktion auch automatisch steuern lassen. Doch wie gut schlägt es sich in der Nutzung?

Comics und andere farbige Inhalte

Statt einem reinen Weiss, wie man es sich von anderen Displays gewohnt ist, zeigt der Tolino Vision Color – wie die meisten eReader – eher ein Eierschalen-Weiss an. Damit nähert sich der Hintergrund bei schwarzer Schrift eher einem richtigen Buch an und wirkt für mich natürlicher und angenehmer, auch wenn der Kontrast weniger stark ist.

Der Tolino Vision Color ist eine spannende Möglichkeit, um auch farbige Comics zu lesen. - Nau.ch

Und genau dieser Effekt spiegelt sich meiner Meinung nach bei farbigen Inhalten wider: Farben werden im Tageslicht grösstenteils ein wenig verblasst dargestellt, was mich persönlich nicht weiter stört – es erinnert mich an Comics wie Disneys «Lustiges Taschenbuch». Sättigung wie bei einem Smartphone-Display sucht man hier aber vergebens.

Auch bei schwierigen Lichtverhältnissen sind die Inhalte auf dem Display des Tolino Vision Color problemlos erkennbar. - Nau.ch

Texte werden mit 300 ppi («Pixel pro Zoll») aufgelöst, Farb-Inhalte wie Comics mit 150 ppi. Die meisten Schriftarten sind damit sehr gut lesbar und auch Bilder wirken detailliert. Es gibt aber Ausnahmen.

Beim Lesen von ursprünglich grösser gedruckten Comics muss man auf den Zoom zurückgreifen. - Nau.ch

eBook-Comics werden üblicherweise nicht neu formatiert wie herkömmliche eBooks. Stattdessen werden ihre Seiten so übernommen, wie sie auch auf Papier gedruckt werden. Beim Lesen von beispielsweise «Asterix & Obelix», welches etwa A4-grosse Seiten anpeilt, kann es also vorkommen, dass man auf den Zoom zurückgreifen muss, um einzelne Sprechblasen zu lesen. Und das macht wegen des doch eher langsamen Prozessors keinen Spass.

Stylus und Notizfunktionen

Wer sich passend zum Tolino Vision Color einen Stylus kauft, schaltet erst alle Funktionen des eReaders frei. Mit dem Stift lassen sich nämlich direkt Notizen in die eigenen Bücher oder PDFs schreiben. Wer viele Sach- und Fachbücher liest oder sich gerne die lustigsten Passagen für später aufhebt, ist damit gut bedient.

Auch bietet der eReader eine Notizbuchfunktion. Dort kann man handgeschriebene Notizen und Zeichnungen hinterlegen. Spannend ist aber auch die Möglichkeit, diese Handschrift direkt in Systemtext umzuwandeln. Das funktioniert nicht nur mit Text, sondern auch mit mathematischen Formeln – die man übrigens direkt ausrechnen lassen kann.

Ein weiteres Feature des eReaders ist das sofortige Nachschlagen und Übersetzen von Begriffen während dem Lesen. Wer, wie ich, oft fremdsprachige Bücher liest, wird diese Funktion lieben lernen.

Fremdsprachige Begriffe können mühelos übersetzt werden. - Nau.ch

Entdeckt man beispielsweise in einem fremdsprachigen Text ein unbekanntes Wort, kann man dieses markieren und es so automatisch – und auch ohne Verbindung zum Internet – übersetzen.

Auch kann man Begriffe direkt auf Wikipedia nachschlagen. - Nau.ch

Hat man eine Internetverbindung, kann man Begriffe sogar direkt bei Wikipedia nachschlagen.

Fazit

Eigentlich liefert der Tolino Vision Color eine hervorragende Lese-Erfahrung. Was die Grundfunktionen betrifft, führt einzig der langsame Prozessor manchmal zu Stirnrunzeln – für mich aber durchaus akzeptabel im Austausch für das grosse Display und die lange Akkulaufzeit. Insbesondere die Nachschlage- und Übersetzungs-Funktionen sind für mich ein Highlight.

Mit dem Tolino Stylus lassen sich Textstellen farbig markieren und Notizen direkt auf die Buchseiten schreiben. - Nau.ch

Das Farbdisplay erfüllt seinen Zweck – auch wenn nicht immer reibungslos: Die farbigen Buchcovers sind definitiv ein Plus, aber nicht unbedingt notwendig. Wenn man oft Kinderbücher, Comics und eingefärbte Manga im Kleinformat (im Bereich von A5) liest, kann man sehr vom Farbdisplay profitieren. Doch für Comics, die sich nicht auf die Displaygrösse von 7 Zoll zwängen lassen, ist es eher weniger geeignet, da der Prozessor meiner Meinung nach bei der Zoomfunktion nicht flüssig genug reagiert.

Die Notizfunktionen sind praktisch, insbesondere die Möglichkeit, handgeschriebene Formeln direkt zu berechnen. Auch wenn man gelegentlich Anmerkungen in seinen Büchern hinterlegen will oder das eine oder andere sachliche PDF, sei es ein Rezept oder ein Reisedokument, mit Hinweisen versehen will, ist es ideal. Doch für den dedizierten Gebrauch dieser Funktionen beispielsweise in Vorlesungen kann ich nicht plädieren.

Eigentlich ist der Tolino Vision Color ein tolles Gerät – doch nur, wenn man die Zusatzfunktionen auch braucht, lohnt sich der Aufpreis. - Nau.ch

Schliesslich ist es aber eine Preisfrage – insbesondere, da man für die Notizfunktionen zusätzlich zum eReader noch den nicht ganz billigen Stylus benötigt. Würde Geld keine Rolle spielen, wäre der Tolino Vision Color meine erste Wahl. Für eine reine eReader-Erfahrung würde ich aber einen Blick auf den Tolino Shine Color oder die Schwarz-Weiss-Variante Tolino Shine werfen.

Der Tolino Vision Color schlägt mit 199 Franken zu buche und der Tolino Stylus kostet 69 Franken. Die Tolino-Produkte findet man in der Schweiz bei Orell Füssli.