Bericht: London will auch gefolterte Asylsuchende nach Ruanda fliegen
Grossbritannien will einem Gutachten zufolge auch Asylsuchende nach Ruanda bringen lassen, die in ihrer Heimat gefoltert wurden.
Das Wichtigste in Kürze
- Trotz «klinischen Beweisen» für Folter will Grossbritannien Migranten nach Ruanda fliegen.
- Die zugrundeliegende Vereinbarung ist in Grossbritannien umstritten.
Grossbritannien will einem Gutachten zufolge auch Asylsuchende nach Ruanda bringen lassen, die in ihrer Heimat gefoltert wurden. Bei 14 von 17 untersuchten Migranten, die in das ostafrikanische Land geflogen werden sollen, stellten Ärzte der Organisation Medical Justice «klinische Belege» für Folter fest, wie die BBC am Donnerstag berichtete.
Sechs von ihnen sollen Opfer von Menschenhandel geworden sein. Aus welchem Land sie stammen, ging aus dem Bericht nicht hervor.
Das britische Innenministerium hatte den Migranten bereits mitgeteilt, dass sie auf der Grundlage einer umstrittenen Vereinbarung aus Grossbritannien nach Ruanda ausgeflogen werden. Ein Ministeriumssprecher bestritt, dass gefährdete Personen dorthin gebracht würden. «Wir haben immer klargemacht, dass niemand ausgeflogen wird, für den das unsicher oder unpassend ist.»
Der Plan sieht vor, dass Asylsuchende verschiedenster Herkunft, die oft auf Schlauchbooten über den Ärmelkanal ins Land kamen, nach Ruanda sollen. Haben sie Anspruch auf Asyl, sollen sie dort bleiben. Andernfalls droht ihnen die Abschiebung in ihre Herkunftsländer. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen sieht in dem Plan einen Bruch internationalen Rechts. Englands Bischöfe sprachen von einer «Schande für Grossbritannien».
Der erste geplante Flug nach Ruanda wurde im Juni kurz vor dem Abheben durch eine einstweilige Anordnung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gestoppt. Nächste Woche steht in London eine grundsätzliche Überprüfung durch die britische Justiz an.