Stromausfall in München: Ermittlungen wegen Brandstiftung
Schwarze Bildschirme im Homeoffice und abgetaute Gefrierschränke: Tausende Haushalte in München waren über Stunden ohne Strom. Zur Ursache gibt es einen schwer wiegenden Verdacht.
Das Wichtigste in Kürze
- Es könnte das Werk von Brandstiftern gewesen sein: 20.000 Haushalte waren am Freitag in München teils über viele Stunden hinweg ohne Strom.
«Jetzt haben wir erste Erkenntnisse, die diesen Verdacht einer Brandstiftung nahelegen», sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums München zwölf Stunden nach dem Vorfall. Zu diesem Zeitpunkt waren längst noch nicht alle Betroffenen wieder ans Netz angeschlossen. Viele Anwohner mussten sich gar auf einen ungemütlichen Abend einstellen - bis zum Samstagvormittag könne die vollständige Versorgung noch dauern, kündigte ein Sprecher der Stadtwerke an.
Der ungewöhnlich ausgedehnte und lang andauernde Stromausfall war am frühen Morgen nach einem Feuer in einer Baugrube aufgetreten, bei dem rund 50 Stromkabel der Mittelspannung vollkommen zerstört wurden. In der Folge fielen etwa 150 Trafostationen aus. «Die Stromleitung, die eigentlich unterirdisch verlegt ist, war offengelegt und mit einem Bauzaun gesichert», schilderte ein Sprecher der Feuerwehr. Ihm zufolge hatten mehrere Passanten erst ein seltsames Knistern und dann einen Knall gehört. Als die Feuerwehr eintraf, loderten Flammen aus der Grube.
Das Brandbild in der etwa einen Meter tiefen Grube weise auf Brandstiftung hin, erläuterte später der Polizeisprecher. Genaueres wollte er zunächst nicht sagen, die Analysen der Brandfahnder seien noch nicht abgeschlossen. Auch eine politische Dimension blieb damit zunächst unklar. «Wir sind noch am Anfang der Ermittlungen», betonte der Polizeisprecher. «Wir können zum jetzigen Zeitpunkt keine Angaben machen, ob es Zusammenhänge mit anderen Delikten gibt.»
Es wäre nicht der erste Brandanschlag auf Infrastruktureinrichtungen in der Landeshauptstadt: Die Ermittler sprachen schon im vergangenen Jahr von einer «Serie». Seit November 2019 hatten Unbekannte in München mehrfach Funkmasten und andere Infrastruktureinrichtungen angezündet. Es entstand ein Gesamtschaden von rund 3,6 Millionen Euro. Die Taten ordneten die Ermittler linksgerichteten Straftätern zu, entsprechende Hinweise in die Szene führten jedoch zu keinen konkreten Personen. Die Ermittlungen wurden deshalb eingestellt.
Der am Freitag entstandene Schaden dürfte ebenfalls enorm sein: In Teilen der Stadtteile Haidhausen, Ramersdorf und Berg am Laim waren rund 20.000 Haushalte betroffen. Die ersten von ihnen kamen nach vier Stunden zurück ans Netz, nach acht Stunden waren etwa ein Drittel wieder versorgt, wie die Stadtwerke mitteilten. Für die übrigen hiess es weiter warten.
Betroffen war neben zahlreichen Läden und Betrieben auch der örtliche Betriebshof der Tram. Die Folge: Die Bahnen konnten am Morgen nicht ausfahren, auf allen Linien kam es zu erheblichen Ausfällen und Verspätungen auch im Berufsverkehr. Erst am Vormittag normalisierte sich der Takt, wie die Münchner Verkehrsgesellschaft mitteilte. Auch fast 20 Ampelanlagen fielen aus - vielerorts regelten Polizisten deshalb den Verkehr.
Die Stadtwerke schlossen das betroffene Gebiet schrittweise vom Rand her wieder ans Netz an. Besonders im Bereich des Ostbahnhofs, wo das Feuer gegen 3.50 Uhr den Stromausfall ausgelöst hatte, nahm die Wiederversorgung jedoch Zeit in Anspruch.
Wie viele Menschen genau von der Störung betroffen waren, blieb offen. Zwar lägen dem Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft keine Statistiken zu vergleichbaren Vorfällen im Freistaat vor, sagte eine Sprecherin. Dennoch sei klar, dass es sich sowohl in Bezug auf die räumliche als auch auf die zeitliche Ausdehnung um einen ungewöhnlich heftigen Stromausfall handele. «Das kann man allein daran sehen, dass Notstromsysteme und -aggregate im Regelfall auf einen Stromausfall von zwei Stunden ausgelegt sind.»