La Palma ist das Mekka für Astronomen
Der dunkelste Ort Europas liegt nicht auf der Nordhalbkugel, sondern neben Afrika: Auf La Palma blicken Forscher im Finster der Nacht in die Sterne.
Das Wichtigste in Kürze
- Dunkle Nächte heisst klare Sterne.
- Im Falle der kanarischen Insel La Palma ist dies ein Paradies für Sterngucker.
Auf La Palma wird nach ihnen gesucht, den Ausserirdischen. Denn: Die Nächte sind so dunkel, dass die Sterne umso heller glühen. Ein Paradies für Astronomen, die die Geheimnisse des ewigen Nichts lüften wollen.
«Wie eine Exkursion zum Mond», schwärmt eine deutsche Urlauberin. Kaum ein anderer Ort in Europa ist bei Astronomen und Sternguckern so beliebt wie die zu Spanien gehörende Inselgruppe im Atlantik, und hier speziell Teneriffa und die kleinere Schwester La Palma.
Ideale Gegebenheiten
«Die Wolkenschicht wird hier in 700 bis 1500 Metern Höhe geformt, was mit den aus Nord-Ost wehenden Passatwinden zu tun hat», erklärt die Astronomin Elena Nordio. Die Wolken schaffen es meist nicht, den massiven Gebirgszug der Cumbres, der das Eiland längs durchzieht, zu überwinden. Am höchsten Punkt des Gebirges, dem 2426 Meter hohen Roque de los Muchachos, liegen sie wie ein riesiges Schneefeld tief unten.
Von Luftunruhen ungetrübt ist der Himmel hier so rein, dass er nur an weit entfernten Orten wie Chile oder Hawaii ein Pendant findet. Zudem gibt es kaum nennenswerte Industrie und auch keine Grossstadt – und somit wenig Lichtverschmutzung.
Kein Wunder, dass der Roque de los Muchachos als Standort für «eine der umfangreichsten Teleskopflotten der ganzen Welt» ausgewählt wurde, wie auf der Webseite der Sternwarte zu lesen ist. Imposante Teleskope reihen sich aneinander, erschaffen und betrieben von Experten aus vielen Ländern, die ferne Planeten, Schwarze Löcher, Supernovae und sonstige Himmelsphänomene erforschen.
Dazu gehören Gammastrahlen-Teleskope, die aussehen wie kolossale Satellitenschüsseln. Der Prototyp einer neuen Generation dieser sogenannten Tscherenkow-Teleskope wird gerade gebaut und soll im Herbst eingeweiht werden. Er ist Teil des geplanten CTA-Observatoriums, dessen zweiter Standort die Paranal-Anlage in Chile ist. Sein Durchmesser beträgt 23 Meter, die gesamte Spiegelfläche umfasst etwa 390 Quadratmeter. Forscher erhoffen sich Einblicke in Phänomene wie gewaltige Explosionen und Kollisionen von Sternen und anderen Himmelskörpern.
Grösstes Teleskop der Welt
Hauptattraktion derzeit ist das «Gran Telescopio Canarias» (GTC). Mit 10,4 Metern Durchmesser handelt es sich um das grösste optische Infrarot-Spiegelteleskop der Welt. Demnächst allerdings wird das GTC seinen Status verlieren, denn in der Atacama-Wüste in Chile entsteht das «Extremely Large Telescope» (ELT) mit einem Hauptspiegel von spektakulären 39 Metern. Voraussichtlich wird es aber erst 2024 eingeweiht. So lange hält La Palma wohl seinen Rekord.
Forscher werten hier Daten aus, die das Teleskop ihnen nachts liefert. Wenn es dunkel wird, öffnet sich die silberne Kugel wie ein Schlund. «Es ist, als ob sich ein Fenster zum Universum auftut», haucht eine Besucherin. Um zu verstehen, wie akribisch die Anlage in den Kosmos schaut, zieht Elena Nordio einen Vergleich: «Man könnte von hier aus das Licht einer einzelnen Kerze in New York sehen», sagt sie. Dann folgt eine Anekdote: Gesäubert werde das empfindliche Gerät mit Baby-Shampoo.
Die bislang wichtigste Errungenschaft des GTC war 2016 der tiefste Einblick in eine ferne Galaxie, der von der Erde aus erreicht wurde – 500 Millionen Lichtjahre von unserem Planeten entfernt. «Aber es gab viele relevante Entdeckungen, wie etwa die von Schwarzen Löchern oder von Planeten, die nicht unserem Sonnensystem angehören», erläutert Nordio. Der klare Himmel von La Palma sei eben wirklich besonders. «Viele Touristen kommen extra deshalb her, der hiesige Nachthimmel ist zu einem Symbol geworden – und Astro-Tourismus wird immer populärer.»