Radikale Linke La France insoumise droht Macron mit Amtsenthebung
Der radikale linke Partei La France insoumise droht Präsident Macron mit einem Absetzungsverfahren – und spaltet damit die vereinigte Linke.
Die linkspopulistische Partei «La France insoumise» droht Präsident Emmanuel Macron mit einem Absetzungsverfahren, sollte er der Linken weiterhin verweigern, eine Regierung zu bilden. Darüber berichtet der «Tageanzeiger».
Die politische Szene in Frankreich wurde vergangenes Wochenende von einer potenziellen Konfrontation im Parlament überschattet. «La France insoumise», eine linkspopulistische Partei unter der Führung von Jean-Luc Mélenchon, hat Präsident Emmanuel Macron ein Ultimatum gestellt.
In einem Beitrag in der Sonntagszeitung «La Tribune Dimanche» drohten die «Unbeugsamen» dem französischen Präsidenten mit einem Amtsenthebungsverfahren. Dieses würde in Kraft treten, sollten sie von Macron nicht die Möglichkeit erhalten, eine neue Regierung zu bilden. Das Spitzen-Trio der Partei, bestehend aus Mélenchon, Fraktionschefin Mathilde Panot und Koordinator Manuel Bompard, unterzeichnete diesen offenen Brief.
Das politische Patt
Diese Forderungen basieren auf den Ergebnissen der Parlamentswahlen vom 7. Juli, bei denen das linke Wahlbündnis «Nouveau Front populaire» knapp gewann. Mit insgesamt 193 Sitzen, einschliesslich der übrigen Linken, bleibt das Bündnis jedoch weit entfernt von einer absoluten Mehrheit im Parlament, die bei 289 Sitzen liegt.
Trotz dieses Meilensteins fordert «La France insoumise», die erste Chance zu erhalten, eine Regierung zu formen. Diese Forderung steht im Widerspruch zu Macrons Ansicht, dass jede regierungsbildende Partei bereits eine stabilisierte Koalition präsentieren können muss, die einen Misstrauensantrag übersteht.
Gesetzliche Barrieren und politische Spielchen
Das angedrohte Amtsenthebungsverfahren ist in Frankreich keineswegs leicht zu erreichen. Das Prozedere ist seit 2008 in der Verfassung vorgesehen und soll den Staatschef in Fällen von gravierendem Machtmissbrauch zur Rechenschaft ziehen – doch die Hürden sind hoch.
Um ein solches Prozedere einzuleiten, reicht es aus, dass zehn Prozent der Parlamentarier von einer der beiden Kammern des Parlaments den Antrag stellen. In der französischen Nationalversammlung entspricht dies 58 Abgeordneten. La France insoumise verfügt über 72 Abgeordnete.
Trotz der geäusserten Drohung und der damit verbundenen Unruhe wird vermutet, dass Mélenchons Manöver eher darauf abzielt, die politische Agenda mitzuprägen. Viele politische Beobachter sind sich einig, dass es dem linken Volkstribun vor allem um die Vorbereitung auf die nächsten Präsidentschaftswahlen geht. Creërt er hier eine unerwartete Herausforderung für die übrige Linke?
Reaktion der Linken
Die übrigen Linken – Sozialisten, Grüne und Kommunisten – erfuhren von Mélenchons Brief am Vorabend seiner Publikation und distanzierten sich schnell von der aggressiven Taktik.
Olivier Faure, Chef des Parti socialiste, bekräftigte, dass das Parlament die Möglichkeit hat, einen Premierminister, dessen Linie sie nicht teilen, per Misstrauensantrag zu verhindern. Ob die Sozialisten ohne die France insoumise zum Treffen mit Macron gehen werden, wird aktuell noch diskutiert.
Macron gegenüber der Drohung gelassen
Macron selbst scheint gelassen auf die Aktion zu reagieren. Wie die Zeitung «Le Parisien» berichtet, bereitet sich der Präsident darauf vor, alle Fraktionen und Parteichefs am nächsten Freitag im Élysée zu empfangen. Ein politischer Clash wird damit nicht ausgeschlossen, bleibt aber abzuwarten.
Auch wenn Mélenchon die politische Landschaft mit seinem Vorgehen aufgerüttelt hat, kommt seine Taktik nicht bei allen gut an. Die Aktion könnte dazu führen, dass die Linken gespalten werden, was letztlich Macron zu Gute kommen könnte. Dennoch versucht der Präsident weiterhin, eine möglichst grosse Koalition zu bilden, die ohne radikale Linke und extreme Rechte auskommt.
La France insoumise: Mélenchons politische Karriere und seine Partei
Die linkspopulistische Partei La France insoumise (LFI) wurde 2016 von dem bekannten Politiker Jean-Luc Mélenchon gegründet. Die politische Bühne in Frankreich erhielt damit eine Stimme, die für ein unbeugsames Frankreich steht und eine skeptische Haltung gegenüber der Europäischen Union einnimmt.
Rückblickend können die Wurzeln der LFI auf die Parti de Gauche und die Wahlplattform Front de gauche zurückgeführt werden. Beide politischen Vereinigungen waren Vorläufer der heutigen LFI, die nach ihrer Umstrukturierung im April 2017 ihren aktuellen Namen erhielt.
Ihre politische Taktik wird verstärkt als Beispiel eines neuen gesamteuropäischen Populismus linksradikaler Prägung gesehen. Die Partei vertritt daher konsequent linkspopulistische Positionen und agiert oft gegen gängige Konsenslinien in der EU.