IAEA-Experten im AKW Saporischschja eingetroffen
Experten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) sind im AKW Saporischschja eingetroffen. Kurz davor sind im Gebiet Kämpfe ausgebrochen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Team der IAEA besucht heute Donnerstag das ukrainische AKW Saporischschja.
- Trotzdem ist das Gebiet um das AKW mit Raketen angegriffen worden.
- Ukrainer und Russen gaben sich gegenseitig die Schuld.
Die Mission der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) ist im Kernkraftwerk Saporischschja eingetroffen, wie der ukrainische Kernkraftwerksbetreiber Energoatom in einer Erklärung auf Telegramm bestätigte.
Kurz vor dem geplanten Eintreffen der IAEO-Experten im ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja sind in der nahegelegenen Kleinstadt Enerhodar erneut Kämpfe ausgebrochen. Zudem ist das Kraftwerk nur eine Stunde vor dem geplanten Eintreffen beschossen worden, berichtete die ukrainische Atombehörde Enerhoatom. Auch der Konvoi der IAEA musste Medienberichten zufolge mehrfach stoppen, um nicht unter Feuer zu geraten.
Ukrainer und Russen gaben sich gegenseitig die Schuld. «Seit fünf Uhr morgens ist Beschuss aus Granatwerfern zu hören», schrieb der geflohene ukrainische Bürgermeister von Enerhodar, Dmytro Orlow, am Donnerstag auf Telegram. Mehrere zivile Objekte seien getroffen worden, es gebe auch Tote.
Auch die abgestimmte Route, die die Expertenkommission von Saporischschja in das 120 Kilometer entfernte AKW nehmen soll, sei unter Beschuss, schrieb der Gouverneur des Gebiets, Olexandr Staruch, auf Twitter. IAEA-Chef Rafael Grossi hatte bei der Abfahrt am Morgen betont, er sei sich über die Gefahren bewusst. Die Mission sei aber zu wichtig, um sie im letzten Moment abzublasen.
Der Vertreter der russischen Besatzer, Wladimir Rogow, teilte dagegen auf Telegram mit, Enerhodar werde seit dem frühen Morgen von ukrainischer Artillerie beschossen.
Um die Mission hatte es ein längeres diplomatisches Tauziehen gegeben. Unter anderem wurde kritisiert, dass der IAEA-Chef die Delegation selbst anführen wolle. Beide Kriegsparteien gaben am Ende der Inspektion ihre Zustimmung zu ihren Bedingungen.
So bestand beispielsweise Kiew darauf, dass die Route der Delegation über ukrainisches Territorium führen müsse und die Experten nicht über die bereits seit 2014 von Russland annektierte Krim anreisen.
Russen melden abgewehrter Ukraine-Angriff
Das russische Verteidigungsministerium meldete, ein versuchter Angriff ukrainischer Truppen auf das AKW sei abgewehrt worden. Rund 60 Mann seien aus Booten am Ufer des Kachowka-Stausee etwa drei Kilometer entfernt von der Anlage ausgestiegen und hätten versucht, das Kraftwerk einzunehmen.
Die Atom-Experten mit Grossi an der Spitze sollen überprüfen, in welchem Zustand die Anlage mit ihren sechs Reaktoren ist, unter welchen Bedingungen die ukrainische Bedienungsmannschaft arbeitet, ob alles Nuklearmaterial noch vorhanden ist. In dem AKW befinden sich russische Soldaten.
Die Anlage und ihre Umgebung sind in den vergangenen Wochen immer wieder beschossen worden, wobei Russen und Ukrainer sich gegenseitig die Schuld zuschieben. International gab es grosse Sorge vor Schäden am Werk und einem Austritt von Radioaktivität.
Unterdessen teilte der ukrainische AKW-Betreiber Energoatom mit, die Mitarbeiter seien Repressionen durch die russischen Besatzer ausgesetzt. Mehrere Mitarbeiter, die den Russen gegenüber nicht wohlgesonnen seien, seien verschwunden.
IAEA-Mission bereits auf russisch kontrolliertem Gebiet
Die IAEA-Expertengruppe für das südukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ist nach Angaben der russischen Besatzungstruppen bereits auf dem von ihnen kontrolliertem Gebiet.
«Nach den zuletzt übermittelten Informationen haben sie den Kontrollpunkt Wassyliwka passiert und wir erwarten sie innerhalb der nächsten Stunde in der Stadt Enerhodar», wurde der Chef der Besatzungsverwaltung von Enerhodar, Alexander Wolga, von der russischen Nachrichtenagentur Interfax am Donnerstag zitiert.
Zuvor gab es Berichte über Artilleriebeschuss der Stadt Enerhodar. IAEA-Chef Rafael Grossi hatte über die Risiken berichtet und in der nahen Grossstadt Saporischschja vor der Abfahrt versichert: «Wir werden nicht stoppen. Wir fahren jetzt los.»
Kiew warf dabei Russland sogar vor, gezielt die geplante Route der Expertengruppe zu beschiessen. Die russische Armee sprach hingegen von einer verhinderten ukrainischen Landungsoperation am Ufer des Flusses Dnipro unweit des Atomkraftwerks. Videos zeigten russische Kampfhubschrauber über der Kraftwerksstadt Enerhodar.
Dem ukrainischen Kraftwerksbetreiber Enerhoatom nach wurde infolge des Beschuss erneut eine Reservestromleitung beschädigt und der Reaktor fünf musste heruntergefahren werden.