Türkei: Über 100 Angeklagte wegen Putschversuchs verurteilt

In der Türkei sind am Montag mehr als 100 Angeklagte wegen ihrer Verwicklung in den gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli 2016 zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden.

Am 15. Juli 2016 versuchten Mitglieder des türkischen Militärs zu putschen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Türkei sind über 100 Angeklagte wegen Putschversuchs zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden.
  • 21 Personen wurden wegen des Versuchs zur Ermordung von Staatspräsident Erdogan verurteilt.
  • Ankara spricht von notwendigen Massnahmen angesichts der Gefahren für die nationale Sicherheit.

Im Prozess in der westtürkischen Küstenstadt Izmir erhielten 104 der 280 Angeklagten wegen des «versuchten Umsturzes der Verfassungsordnung» erschwerte lebenslange Haftstrafen, wie die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete.

Alle Angeklagte waren frühere Militärangehörige, darunter mehrere Generäle und andere ranghohe Offiziere. In dem Prozess wurden 21 weitere Angeklagte wegen des Versuchs zur Ermordung von Präsident Recep Tayyip Erdogan in der Putschnacht zu 20 Jahren Haft verurteilt.

Gegen 31 Angeklagte verhängte das Gericht Strafen zwischen siebeneinhalb und zehneinhalb Jahren wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation.

250 Tote und über 2200 Verwundete

Die Regierung macht die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen für den gescheiterten Militärputsch verantwortlich, bei dem fast 250 Menschen getötet und 2200 weitere verletzt wurden.

Alle Angeklagte waren frühere Militärangehörige, darunter mehrere Generäle und andere ranghohe Offiziere. (Archivbild) - Keystone

Nach dem Umsturzversuch wurden landesweit mehr als 55'000 mutmassliche Gülen-Anhänger festgenommen, darunter knapp 7500 Militärangehörige. Mehrere hundert am Putsch Beteiligte wurden bereits zu langen Strafen verurteilt.

Separater Prozess

In einem separaten Prozess verhängte ein Gericht in Gaziantep am Montag lange Freiheitsstrafen gegen vier frühere Offiziere wegen ihrer Rolle bei dem Putschversuch auf einem Militärstützpunkt nahe der südtürkischen Stadt. Laut Anadolu erhielten ein Oberstleutnant und ein Brigadegeneral erschwerte lebenslange Haft.

In westlichen Staaten wird befürchtet, dass Präsident Erdogan die Türkei unter dem Vorwand des Kampfes gegen Putschisten in ein autoritär regiertes Land verwandeln will. Die Regierung in Ankara spricht dagegen von notwendigen Massnahmen angesichts der Gefahren für die nationale Sicherheit.