Ukrainische Behörden verstärken Warnungen vor russischer Offensive im Osten
Die ukrainischen Behörden haben ihre Warnungen vor einer grossen russischen Offensive im Osten des Landes verstärkt.
Das Wichtigste in Kürze
- Gouverneur: Städte könnten «vollständig zerstört werden».
«Die russischen Truppen werden zu noch grösseren Operationen im Osten unseres Staates übergehen», sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Sonntagabend. «Die Schlacht um den Donbass wird mehrere Tage dauern, und während dieser Tage könnten unsere Städte vollständig zerstört werden», erklärte der ukrainische Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gajdaj, auf Facebook.
«Wir bereiten uns auf ihre Aktionen vor. Wir werden darauf reagieren», erklärte Gajdaj mit Blick auf die erwarteten Angriffe, während die ukrainischen Streitkräfte entlang der Frontlinie zu den Gebieten der pro-russischen Separatisten neue Gräben anlegten und die Strassen mit Minen und Panzersperren blockierten.
Unterdessen wurden bei Artilleriebeschuss auf die Grossstadt Charkiw nach ukrainischen Angaben am Sonntag mindestens zwei Menschen getötet. Am Vortag wurden demnach zehn Zivilisten in der Region bei Bombenangriffen getötet.
Viele verbliebene Einwohner der Ostukraine haben nach dem Angriff auf den Bahnhof von Kramatorsk Gajdaj zufolge Angst, sich auf den Weg Richtung Westen zu machen. Nach neuen Angaben der ukrainischen Behörden wurden bei dem Raketenangriff am Freitag insgesamt 57 Menschen getötet.
«Manchmal flehen wir sie an, aus ihren Verstecken zu kommen, weil wir wissen, was als Nächstes kommt», sagte Gajdaj über die Evakuierungsbemühungen der Behörden. Er warnte, dass die russischen Streitkräfte «alles zerstören werden, was sich ihnen in den Weg stellt».
Das russische Verteidigungsministerium hat die Verantwortung für den Angriff auf Kramatorsk zurückgewiesen. Am Sonntag beschuldigte es die Ukrainer und den Westen, «ungeheuerliche und gnadenlose» Provokationen begangen und Zivilisten in Luhansk getötet zu haben.
Der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba warnte unterdessen auf Twitter, dass «russische Propaganda» den «Boden für diese Gräueltaten» wie in Butscha oder Kramatorsk «bereitet» habe. In Butscha und anderen Vororten Kiews waren nach dem russischen Abzug in den vergangenen Tagen hunderte Leichen gefunden worden.
In einem Interview mit dem US-Sender NBC bekräftigte Kuleba jedoch, er sei weiterhin offen für Verhandlungen. «Wenn ein Treffen mit den Russen mir hilft, wenigstens ein Massaker wie in Butscha oder einen weiteren Angriff wie in Kramatorsk zu verhindern, muss ich diese Gelegenheit nutzen», sagte er.