Wagner-Chef reiste wie Rockstar aus Rostow ab

Zwar ist der Aufstand von Jewgeni Prigoschin gescheitert. Doch der Putschversuch offenbart, wie beliebt sich der Wagner-Chef bei den Russen gemacht hat.

Der Wagner-Chef wurde bei seiner Abreise bejubelt. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der einst Verbündete von Putin Jewgeni Prigoschin hat einen Putschversuch gestartet.
  • Innerhalb kurzer Zeit wurde dieser abgebrochen – der Wagner-Chef reist ins Exil.
  • Doch die Aktion zeigt ihre Wirkung: Prigoschin ist populär in der russischen Bevölkerung.

Für rund 24 Stunden hielt die Welt den Atem an: Jewgeni Prigoschin, Chef der Söldnergruppe, startete einen Putschversuch gegen Wladimir Putin.

Kurzzeitig besetzen die Truppen Prigoschins die Stadt Rostow am Don. Inzwischen wurde der «Marsch der Gerechtigkeit», wie der Wagner-Chef den Aufstand nannte, abgebrochen. Er konnte mit Putin einen Deal aushandeln – Prigoschin kann ohne Strafverfahren nach Belarus ausreisen.

Die Wagner-Söldner trafen kaum auf Widerstand in Rostow am Don. - Keystone

Aussergewöhnlich waren die Szenen bei Prigoschins Abreise aus der Stadt Rostow. Eine Menschenmenge scharte sich am späten Samstag um sein Auto, was an den Abgang eines Rockstars erinnerte, schreibt «The Guardian».

Obwohl der russische Präsident Prigoschin als «Verräter» bezeichnete und drohte, ihn zu «liquidieren», scheint er die Unterstützung des Volkes zu geniessen: In einem Video ist zu sehen, wie Bewohnende jubelten als Prigoschins Auto anhielt.

Prigoschin beim Volk beliebt

Der Warlord schüttelte einem Mann lächelnd die Hand, eine andere Frau rief «Passen Sie auf sich auf!». Einige Wagner-Truppen verliessen die Stadt schliesslich unter Hupen und Schüssen in die Luft, was vom Beifall der Öffentlichkeit untermalt wurde.

Tagsüber besetzten die Truppen wichtige Gebäude in Rostow, auf Widerstand stiessen sie kaum. Dem «Guardian» wurde von einigen Einwohnern gesagt, dass sie die Ankunft des Kriegsherrn begrüssen.

Die Wagner-Gruppe besetzte wichtige Gebäude in Rostov. - Keystone

Ganz anders ging es den Polizeikräften, die nach Abreise der Wagner-Truppen deren Platz einnahmen: Ihnen wurden Sachen wie «Verräter», oder «Schande» zugerufen. Andrej Kolesnikow vom Eurasia Center in Moskau sagt, Putin habe Angst vor Prigoschin, die einfach Leute offensichtlich nicht.

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Ist Putin nach der Aktion von Prigoschin geschwächt?

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Die Ereignisse würden zeigen, dass eine populistische elitenfeindliche Persönlichkeit bei Russen, die mit der scheiternden Invasion unzufrieden sind, auf offene Ohren stösst. «Es gibt echtes Interesse an Prigoschin und seinen Kämpfern.» Für manche sei Prigoschin eine wertvolle Alternative zu Putin.