Coronavirus im Abwasser gefunden – Trinkwasser nicht gefährdet

Forscher der ETH haben eine Methode entwickelt, mit der sich das Coronavirus im Abwasser nachweisen lässt. Neu-Infektionen lassen sich so schneller erkennen.

Der Verlauf der Coronavirus-Pandemie ist laut Forschern im Abwasser lesbar. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Forscherteam der ETH haben das Coronavirus im Schweizer Abwasser nachgewiesen.
  • So soll ein Wiederanstieg von Neu-Infektionen schneller erkannt werden können.
  • Das Schweizer Trinkwasser sei nicht gefährdet.

Ein Forscherteam der ETH Lausanne (EPFL) und des Wasserforschungsinstituts des ETH Zürich (Eawag) arbeite an der Optimierung der Analyse-Methode. Dies heisst es in einer Mitteilung der ETHs vom Donnerstag.

Werden die Proben rasch analysiert, könnte laut den Forschern ein Wiederanstieg von Infektionen während des Exits aus dem Lockdown rasch erkannt werden. Es wäre ungefähr eine Woche früher möglich als mittels klinischer Tests bei den Betroffenen.

Eine Person schützt sich mit Helm und Schutzkleidung vor dem Coronavirus. - Keystone

Coronavirus kann im Abwasser nachgewiesen werden

Aus Lugano, Lausanne und Zürich wurden erste Abwasserproben analysiert. Im Fall von Zürich und Lugano auch je eine aus der Zeit Ende Februar. Dies mit den ersten bekannten Fällen von Infektionen in der Schweiz. In allen Proben sei es den Forschenden gelungen, das neue Coronavirus nachzuweisen.

In den neueren Proben seien die Konzentrationen so hoch, dass eine Analytik verhältnismässig einfach scheine. Nicht so für die Proben vom Februar: «Dass es gelungen ist, aus Lugano mit erst einem und aus Zürich mit erst sechs bekannten Fällen bereits ein Signal im Abwasser zu messen, konnten wir nicht erwarten», wird EPFL-Umweltwissenschaftlerin Tamar Kohn in der Mitteilung zitiert.

Erreger verbreitet sich nicht über Abwasser

Nach aktuellem Wissensstand gebe es keine Hinweise darauf, dass der Erreger sich über Wasser oder Abwasser verbreitete. Schweizer Trinkwasser sei hygienisch von hervorragender Qualität und eigne sich auch während einer Pandemie zum Trinken, heisst es in der Mitteilung.

Das Schweizer Trinkwasser sei nicht gefährdet, schreibt die ETH. - sda

Die erfolgreiche Detektion von tiefen Virenkonzentrationen zu einer frühen Zeit des Ausbruchs soll es möglich machen, rückwirkend die Kurve des Covid-19-Anstiegs zu rekonstruieren. Die Analyse der über 300 Proben, die zurzeit an der Eawag und der EPFL eingefroren lagern, könne aber noch dauern. Bis alle ausgewertet seien, würden noch Wochen vergehen.

Man könne aber kaum auf eine exakte Zahl von Infizierten rückschliessen. Unter anderem schwanke die Zahl der ausgeschiedenen Viren pro Angestecktem zu stark. Wichtig sei jedoch der Verlauf: Am Beispiel der Proben aus Lausanne konnten die Wissenschaftler in den letzten Tagen den Anstieg der Sars-CoV2-Viren im Abwasser zwischen März und April grob nachzeichnen: Kohn schätzt die Vervielfachung der Konzentration derzeit auf das Zehn- bis Hundertfache.

Von zwölf Kläranlagen, neun davon aus dem Tessin, wurden seit dem Bekanntwerden der ersten Covid-19-Erkrankungen Proben genommen. Hauptziel des Projekts sei jedoch nicht der Rückblick, sondern der Aufbau eines Systems mit Frühwarnfunktion.

Kläranlagen sollen als Frühwarnsystem funktionieren

Mit Proben aus zwanzig grossen, geografisch gut über die Schweiz verteilten Kläranlagen könne man so das das Abwasser von rund 2,5 Millionen Leuten überwachen, schreiben die ETHs. In der Schweiz gibt es über 700 Kläranlagen, die rund 1,7 Milliarden Kubikmeter Abwasser reinigen.

Die Kläranlagen hierzulande funktionieren alle nach dem gleichen Prinzip. (Symbolbild) - dpa

Gemäss Bundesamt für Umwelt (Bafu) ist eine Ansteckung mit dem Coronavirus über den Kontakt mit Abwasser sehr unwahrscheinlich, wie es Mitte April hiess. Unwahrscheinlich scheint laut Bafu eine Ansteckung auch durch Hautkontakt mit Fluss- und Seewasser. Dies, da Coronaviren im Wasser nur kurze Zeit überleben und in den Kläranlagen effektiv abgetötet werden.

Laut Mitteilung dauern Forschungsprojekte in diesem Umfang üblicherweise mehrere Jahre. Die Gruppe um Kohn (Labor für Umweltchemie an der EPFL) sowie Christoph Ort und Tim Julian von der Eawag habe innert weniger Wochen aufgezeigt, dass aus der Idee Realität werden könne.