Coronavirus: Epidemiologe pocht auf Schweden-Modell für die Schweiz
Schweden wählte einen anderen Weg, das Coronavirus zu bekämpfen. Epidemiologe Christian Althaus hätte sich das Modell auch für die Schweiz gewünscht.
Das Wichtigste in Kürze
- Schweden setzt in der Pandemie auf Eigenverantwortung und eine Versammlungs-Obergrenze.
- Christian Althaus spricht sich in der zweiten Welle für diesen Weg in der Schweiz aus.
Schwedens Sonderweg in der Pandemie sorgte von Beginn weg für Aufmerksamkeit in der restlichen Welt. Land um Land verhängte den Lockdown, um das Coronavirus in den Griff zu kriegen.
Schweden dagegen setzte vor allem auf Eigenverantwortung. Als einziges Verbot führte das skandinavische Land ein Versammlungsverbot für mehr als 50 Personen ein. Dieses gilt bis heute.
Politiker wie Bundesrat Ueli Maurer etwa haben sich in der Vergangenheit als Befürworter der «schwedischen Strategie» ausgesprochen. In einem Interview mit «Radio SRF» sagte Maurer im Juli, dass man werde damit leben müssen, gewisse Ansteckungen zu haben.
«Auch die Schweiz muss an die Eigenverantwortung der Menschen appellieren.» Die Bevölkerung habe gezeigt, dass sie in hohem Masse selbstverantwortlich sei. Das Modell Schweden sah er nicht als grundsätzlich gescheitert an.
Coronavirus mit Versammlungsobergrenze eindämmen
Der Berner Epidemiologe und Taskforce-Mitglied Christian Althaus erklärt nun in einem Twitter-Thread: Das schwedische Modell hätte sich in der zweiten Welle auch für die Schweiz angeboten.
Bereits im Mai habe die Taskforce in einem Kurzdossier festgehalten, dass der schwedische Weg auch hierzulande angewendet werden könnte. Dies, «falls Schweden mit dem eigenverantwortlichen Handeln der Bürger erreicht, dass der R-Wert langfristig auf oder unter 1 fällt».
Inzwischen hat die Schweiz deutlich mehr Fälle als Schweden. Die täglichen Fallzahlen im skandinavischen Land bewegen sich aktuell auf dem Niveau der ersten Welle.
Für den Epidemiologen keine grosse Überraschung, denn: «Leider wurden diese Empfehlungen nicht umgesetzt», so Althaus. Schlimmer noch: «Stattdessen wurden per 1. Oktober sogar wieder Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen erlaubt.»
Althaus schreibt, es sei «höchste Zeit» eine Beschränkung öffentlicher Versammlungen auf weniger als 50 Personen einzuführen. Solche Obergrenzen würden eine zentrale Rolle in der Verhinderung eines nächsten Lockdowns spielen.
Versammlungsverbote wirken
Dass Versammlungsrestriktionen eine wirksame Massnahme gegen die Verbreitung des Coronavirus darstellen, zeigt auch eine im Wissenschaftsmagazin «Lancet» veröffentlichte Studie.
In der vor wenigen Tagen publizierten Studie haben Forscher die Massnahmen von 131 Ländern untersucht. Ihr Fazit: Verbote von Versammlungen mit mehr als zehn Personen gehören neben Schul- und Geschäftsschliessungen zu den wirkungsvollsten Massnahmen.