Zürcher Obergericht spricht Dignitas-Gründer Minelli frei

Der Dignitas-Gründer Ludwig A. Minelli wurde vom Zürcher Obergericht freigesprochen. Er war wegen Verleumdung angeklagt worden.

Ludwig Amadeus Minelli, Generalsekretär Schweizer Sterbehilfeverein Dignitas, wurde freigesprochen. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Zürcher Obergericht spricht Dignitas-Gründer Ludwig A. Minelli frei.
  • Er war wegen Verleumdung angeklagt.

Das Zürcher Obergericht hat den 87-jährigen Dignitas-Gründer Ludwig A. Minelli vom Vorwurf der Verleumdung freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft beschuldigte ihn, die heutige Zürcher CVP-Bildungsdirektorin Silvia Steiner in einem Flyer diffamiert zu haben.

Unter dem Titel «Diese Frau möchte Ihnen die Mündigkeit absprechen». Dies flatterte vor den Regierungsratswahlen im Jahr 2015 ein Flugblatt in 745'000 Zürcher Haushalte. Zu diesem Zeitpunkt war Silvia Steiner CVP-Kantonsrätin und Staatsanwältin. Vor allem wegen ihrer Haltung zur Sterbehilfe wurde sie in diesem Flyer mit Vorwürfen eingedeckt.

Verurteilung zu bedingter Geldstrafe

Unterschrieben war das Flugblatt von einem «überparteilichen Komitee Selbstbestimmung am Lebensende». Für den Staatsanwalt war schnell klar, dass Minelli dahinter stecken musste.

Das Bezirksgericht Zürich war gleicher Meinung und verurteilte ihn im Jahr 2018 zu einer bedingten Geldstrafe wegen Verleumdung. Ausserdem sollte er Steiner eine Genugtuung von 3000 Franken zahlen.

Integrität nicht in Frage gestellt

Das Obergericht war nun aber anderer Meinung, wie aus dem kürzlich gefällten Urteil hervorgeht. Es sprach den Sterbehelfer frei - ganz unabhängig davon, ob Minelli nun der Autor war oder nicht.

Ludwig A. Minelli (2. v. l.) ist der Gründer der Dignitas. - dpa

Der Verfasser habe weder die Unwahrheit gesagt noch eine ehrverletzende Äusserung bezüglich Steiner verbreitet, schreibt das Obergericht. Die Integrität Steiners sei durch diesen Flyer nicht in Frage gestellt worden und der Autor somit freizusprechen. Steiner erhält somit auch nicht die Genugtuung von 3000 Franken.

Minelli hielt Obergericht für befangen

Für diesen Prozess wollte Minelli eigentlich das gesamte Zürcher Obergericht in den Ausstand treten lassen. Es sei befangen, fand er. Das Bundesstrafgericht lehnte seinen Antrag jedoch ab.

Das Obergericht konnte trotzdem entscheiden und tat dies nun - für Minelli wohl selber überraschend - in seinem Sinne. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft kann es noch ans Bundesgericht weiterziehen.

Der damaligen Regierungsratskandidatin Steiner schadete der Flyer übrigens nicht. Sie wurde mit gutem Resultat gewählt und ist heute Bildungsdirektorin und aktuell Präsidentin der kantonalen Erziehungsdirektorenkonferenz.