Coronavirus: Emmentaler Arzt erklärt Coup mit Blutverdünnung
Das Coronavirus bringt auch Erfolgsgeschichten zu Tage. Robert Escher vom Spital Emmental behandelte einen Patienten erfolgreich mit Blutverdünnung. Ein Novum.
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Nau.ch - Chefarzt Robert Escher übt sich trotz seines Coups in der Behandlung des Coronavirus in Demut.
Das Wichtigste in Kürze
- Hämatologe Robert Escher gelang bei der Behandlung des Coronavirus ein veritabler Coup.
- Im Spital Emmental behandelte er einen Patienten erfolgreich mit starker Blutverdünnung.
- Zum Zeitpunkt der Behandlung Mitte März war Escher weltweit der Erste, der dies wagte.
Der gesunde und rüstige Rentner kommt nach einem wöchentlichen Aufenthalt in den Bergen Mitte März ins Spital Emmental in Burgdorf. Er beklagt sich über Atembeschwerden und Fieber. Es zeigt sich: Der Mann hat sich mit dem Coronavirus angesteckt. Trotz Isolation verschlechtert sich sein Zustand derart dramatisch, dass er nach kurzer Zeit auf die Intensivstation verlegt werden muss.
Es folgen Intubation und Dialyse. «Die Situation war kritisch», sagt Robert Escher, Hämatologe und Leiter medizinische Klinik des Spitals Emmental. Dann kommt die Schlüsselerkenntnis. «Das Eigenartige war, dass die Entzündung der Lunge abnahm, die Blutgerinnung sich jedoch massiv verschlechterte.»
Die Zeit drängt. Stunden zählen. Dem Patienten geht es immer schlechter.
Risiko wird belohnt
Durch die kurzen Wege im Emmentaler Spital bespricht sich Escher mit anderen Ärzten. Nach dem grünen Licht der Angehörigen gehen sie das Risiko ein. Sie verabreichen dem Patienten viel stärkere Blutverdünner als bisher üblich.
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Nau.ch - Robert Escher erklärt die Verschärfung der Therapie mit Blutverdünnung und wie es dazu kam.
Es klappt.
Der Zustand des Kranken verbessert sich stetig. Nach drei Wochen kann er die Intensivstation verlassen. «Gefühlsmässig denke ich, dass es der Patient ohne unsere Verschärfung der bekannten Therapie nicht geschafft hätte», sagt Escher.
Ein Blick in die Wissenschaft zeigt: Der gebürtige Walliser ist weltweit der Erste, der im Kampf gegen das neue Coronavirus auf diese Therapieform setzt. Ein medizinischer Meilenstein im beschaulichen Emmental. «Es ist ein wunderschöner Moment, wenn man einen Puzzlestein zur Lösung findet», erklärt Escher.
Appell an Ärzteschaft
Das realisiere er nun aber erst zwei Monate nach dem medizinischen Husarenstück. «Im Moment selber war es harte Denkarbeit.»
Wichtiger als persönlicher Ruhm ist Escher ein Appell an die Ärzteschaft. «Thrombosen und Lungenembolien sind relativ bekannt. Beim Coronavirus ist speziell, dass alle kleinsten Gefässe zugehen, weil die Gefässwände anschwellen.» Dieses Bewusstsein müsse sich in der Ärzteschaft zuerst noch verankern.
Escher ist diesbezüglich aber zuversichtlich. «Unser Weg bestätigt sich auch in anderen Spitälern und die Empfehlungen gehen in die Richtung, mehr Blutverdünner zu brauchen.»
Der Patient Eschers befindet sich mittlerweile seit drei Wochen in der Reha. «Es geht ihm gut. Aufgrund des langen Spitalaufenthalts hat er aber eine extreme Muskelschwäche», sagt sein Lebensretter.
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Nau.ch - Wer alle Details wissen möchte: das ganze Interview mit Robert Escher.
Für Dankbarkeit blieb bis jetzt noch kaum Zeit. «Er muss jetzt nach vorne schauen, um wieder auf die Beine zu kommen», sagt der Chefarzt mit vollstem Verständnis. «Er braucht jetzt Wille.»