Schweizer Technologie für eine Welt ohne Barrieren

Drei ETH-Teams präsentieren beim Cybathlon Ende Oktober in Kloten Assistenzsysteme für Behinderte.

Hilfe beim Türöffnen: Cybathlon-Pilot Sammy Kunz lenkt den Roboter mit dem Mund, Carmen Scheidemann vom Robotic Systems Lab überwacht den Testlauf. - Markus Bertschi / ETH Zürich

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Roboterhund unterstützt Rollstuhlfahrer.
  • Ein Kamerasystem für Sehbehinderte setzt Bilder in Töne und Vibrationen um.
  • Eine Einlegesohle gibt Prothesenträgern das Gehgefühl zurück.

Vom 25. bis 27. Oktober findet in der Swiss Arena in Kloten zum dritten Mal der Cybathlon statt: Menschen mit Behinderungen messen sich in alltagsrelevanten Aufgaben mit Hilfe modernster technischer Assistenzsysteme. Mit dabei sind auch drei Teams der ETH Zürich. Sie haben innovative Schweizer Technologien entwickelt, die Menschen mit Behinderungen helfen sollen, ihren Alltag besser zu bewältigen.

Assistenzroboter für Rollstuhlfahrer

Ein vierbeiniger Laufroboter mit Greifarm und Sensoren: Das ist Alma. Der querschnittgelähmte Sammy Kunz lenkt den an der ETH entwickelten Roboter mit einem atmungsgesteuerten Joystick. Beim Cybathlon muss das Team in zehn Minuten zehn alltägliche Aufgaben bewältigen. Der Assistenzroboter öffnet beispielsweise eine Tür und schliesst sie hinter dem Rollstuhlfahrer wieder, oder er reicht dem Piloten einen Apfel so, dass dieser abbeissen kann.

Alma basiert auf dem Roboterhund Anymal. Dessen Schweizer Technologie wird bereits in der Industrie eingesetzt, zum Beispiel bei der Inspektion von Bohrinseln. Die Herausforderung besteht darin, Assistenzroboter nicht nur in kontrollierten Umgebungen, sondern eines Tages auch im Alltag einzusetzen. Dafür wird das Team Alma weiterentwickeln. «Es dauert allerdings noch mehr als nur ein paar Jahre, bis die Plattform marktreif ist. Im Moment ist sie noch sehr experimentell», sagt Teammanagerin Carmen Scheidemann.

Kamerasystem für Sehbehinderte

Die richtige Türklingel drücken, einen freien Sitzplatz finden oder sich durch einen Parcours mit Hindernissen unterschiedlicher Höhe bewegen – diese und andere Aufgaben muss der blinde Lukas Hendry beim Cybathlon im Sehassistenz-Rennen bewältigen. Technische Unterstützung erhält er dabei vom Team Sight Guide, das ihm zwei Kameras auf die Brust schnallt. Patrick Pfreundschuh, einer der Teammanager, beschreibt die Schweizer Technologie: «Eine Kamera nutzen wir, um festzustellen, wie und wohin sich Lukas bewegt, die andere ist eine Tiefenkamera, die dreidimensionale Messungen der Umgebung vornimmt.»

Zusätzlich hält der Pilot eine dritte Kamera in der Hand, um Objekte zu untersuchen. Die Kameras senden ihre Informationen an einen kleinen Computer, den Lukas Hendry auf dem Rücken trägt. Der Rechner verarbeitet die Daten und sendet ein Audiosignal mit den entsprechenden Informationen an Hendry. Zusätzlich trägt Hendry einen Gürtel. Dieser teilt ihm durch Vibration mit, wohin er laufen muss.

Beinprothese mit Gefühl

Patienten mit einer Beinprothese spüren den Boden nicht. Besonders bei Unebenheiten oder beim Treppensteigen fehlt ihnen die Rückmeldung, wo das Bein steht und wie stark es auf den Boden drückt. Anders bei Stefan Poth. Er tritt zwar mit seiner eigenen Beinprothese an, trägt aber in seinem Schuh eine sensorische Einlage des Teams NeuroLegs. Diese Sohle nimmt Informationen auf, die die Forscherinnen und Forscher als Fuss-Boden-Interaktion bezeichnen.

Ein Minicomputer verarbeitet die Daten und wandelt sie in elektrische Stimulationssignale um. Diese Signale werden an einen Gürtel mit einer Reihe von Elektroden gesendet, den Poth um seinen Beinstumpf trägt. «Je nachdem, wo Stefan gerade auftritt, geben die Elektroden entweder frontal, seitlich oder auf der Rückseite des Stumpfs das Gefühl wider, und dies in Echtzeit», erklärt Teammanagerin Noemi Gozzi. Bis zur Marktreife der NeuoLegs sind noch weitere Entwicklungsschritte und Sicherheitsmassnahmen notwendig.