Sind Patienten am Kosten Anstieg von Medikamenten selber schuld?
Die Ausgaben für Medikamente erreichen einen neuen Höchststand: 7,5 Milliarden Franken. Daran sind aber nicht nur die teureren Medikamente schuld.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Arzneimittelreport der Helsana untersucht die Ausgaben für Medikamente.
- Die Kosten sind 2017 wie in den Vorjahren gestiegen: Auf 7,5 Milliarden Franken.
- Das hat nicht nur damit zu tun, dass teurere Medikamente auf den Markt kommen.
Der Krankenversicherer Helsana veröffentlicht seinen fünften Bericht zur Entwicklung der Arzneimittelpreise. Wenig erstaunlich: Die Kosten für Medikamente sind auch im letzten Jahr wieder gestiegen – um eine halbe Milliarde Franken. Die Versicherten bezogen im Jahr 2017 insgesamt Medikamente für 7,5 Milliarden Franken. Die Helsana hat für die Zahlen die Daten ihrer fast zwei Millionen Versicherten auf die Gesamtschweiz extrapoliert.
Wo steigen die Kosten?
Seit dem Jahr 2010 sind die Kosten um 43 Prozent respektive 2275 Millionen Franken gestiegen. Helsana-Sprecherin Dragana Glavic erklärt gegenüber Nau: «Ein wichtiger Grund für die höheren Medikamentenkosten ist der Trend zu neuen, hochpreisigen Therapien (beispielsweise im Bereich Krebs und Immunologie).» Doch: Es liegt nicht einfach daran, dass die Medikamente teurer werden. Die Versicherten beziehen mehr Medikamente pro Kopf (+10,3 Prozent von 2014-2017). Und die Kosten pro Person steigen zudem stärker (+13,9 Prozent) als die Bezüge pro Person (+4,7 Prozent).
Nicht nur die Anzahl Personen mit Medikamentenbezügen nahm seit 2013 stetig zu, sondern auch die Medikamentenbezüge pro Patient. Von den Gesamtkosten für die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) machen Medikamente indes rund einen Viertel aus, gemessen an den Gesamtkosten des Gesundheitswesens sind das knapp zehn Prozent. Sie bilden einen wichtigen Kostenanteil des Schweizer Gesundheitssystems.
Dass pro Patient immer mehr Medikamente bezogen werden, dieser Trend zeichnet sich gemäss den Helsana-Experten schon länger ab. «Die Erklärung dafür ist sehr vielfältig und hat wohl unter anderem damit zu tun, dass die Bevölkerung immer älter wird und multimorbid ist, das heisst an einer zunehmenden Anzahl Krankheiten leidet», erklärt Glavic gegenüber Nau.
Wenige teure Krebsmedikamente, viele billige Schmerzmittel
«Die absolut höchsten Pro-Kopf-Kosten verzeichneten die Immunsuppressiva mit 10'254 Franken», erklärt Glavic. Solche Medikamente vermindern die Funktionen des Immunsystems und werden etwa bei Entzündungen eingesetzt.
Die Immunsuppressiva bildeten mit den Krebsmitteln die kostenintensivste Medikamentengruppe. Mit gut einer Milliarde (Immunsuppressiva) und 683 Millionen (Krebsmedikamente) stiegen die Kosten um jeweils über 14 Prozent im Vorjahresvergleich. Ebenfalls hohe Kostenzunahmen von mehr als 5 Prozent verursachten Antidiabetika, Augenmedikamente, Mittel zur Hemmung der Blutgerinnung, atemwegserweiternde Mittel sowie Epilepsiemedikamente. Paracetamol war mit 4,4 Millionen der am häufigsten bezogene Wirkstoff 2017.
Frauen beziehen mehr Medikamente
Unterschiede lassen sich hinsichtlich des Geschlechts feststellen. Frauen beziehen häufiger Medikamente als Männer. Männer sind jedoch im Schnitt teurer. 2017 waren gut 44 Prozent aller Personen, die Medikamente bezogen, Männer. Diese waren für nur gut 40 Prozent der Bezüge, jedoch für über 46 Prozent der Kosten verantwortlich.