Swiss & Co: Darum kommt die Flugbranche nicht aus der Krise
Die Corona-Pandemie ist vorbei, doch die Flugbranche steckt weiterhin in der Krise. Warum auch die Swiss weniger abhebt, erklären zwei Experten.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Flugbranche leidet unter einem massiven Personalmangel.
- Die Folge sind steigende Preise, lange Wartezeiten und Flugausfälle.
- Für die Normalisierung brauchen die Airlines noch eine Weile, so Experten.
Es ist die grösste Krise, die die Luftfahrt je erlebt hat: die Corona-Pandemie. Monatelang stand mehr als die Hälfte der Flugzeuge am Boden, Milliarden-Einnahmen fielen weg. Allein die Swiss verbuchte in den beiden Pandemiejahren einen Verlust von mehr als einer Milliarde Franken.
Doch auch heute, wo sich die weltweite Corona-Lage weitgehend entspannt hat, kommt der Flugverkehr nicht aus der Krise. Die Nachfrage nimmt zwar seit Monaten stark zu, vielen Airlines fehlt es jedoch an Personal.
Die Folge: steigende Preise, lange Wartezeiten und unzählige Flugausfälle. Über das Pfingstwochenende etwa mussten Reisende stundenlang in europäischen Flughafenhallen ausharren. Gestern dann strich die Fluggesellschaft Swiss rund 100 Flüge – und das ausgerechnet in der Sommersaison.
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Personal dreht der Flugbranche den Rücken
Viele fragen sich deshalb: Was ist bloss los mit der Flugbranche? Warum schafft sie es nicht aus der Krise? Die Gründe dafür sind vielseitig, erklärt Aviatik-Experte Andreas Wittmer von der Universität St.Gallen.
Wegen der Unsicherheit und der schlechten Lohnbedingungen habe die Flugbranche an Attraktivität verloren – gerade während der Corona-Pandemie. «Viele Mitarbeitende haben sich entsprechend umorientiert, also in eine andere Branche gewechselt», so Wittmer.
«Hinzu kommt die Impfpflicht, die ebenfalls einige Mitarbeitende dazu bewegte, den Job in der Flugbranche aufzugeben.» Wie viele dazu gehören, wurde nie kommuniziert – zumindest nicht seitens der Airlines. Im Januar allerdings berichtete die «Sonntagszeitung», dass bei der Swiss 200 Piloten und Flight-Attendants nicht einsatzfähig gewesen waren.
Dass es den Airlines aber noch heute an Personal mangelt, führt William Agius vor allem auf die konservative Rekrutierung zurück. «Und das ist kaum verwunderlich», betont der Aviatik-Experte von der Zürcher Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. Denn: «Covid ist nicht verschwunden, und es ist weiterhin unklar, wie es nach dem Sommer weitergehen wird.»
Kein Versagen, Flugbranche braucht Zeit
Von einem Versagen seitens der Airlines würden beide Experten deshalb nicht sprechen – im Gegenteil. «Es wurde immer wieder betont, dass es Zeit braucht, um die Industrie wieder hochzufahren», erklärt Wittmer von der Universität St.Gallen. Das beinhalte nicht nur die Rekrutierung neuer Mitarbeitender, sondern auch die Wiederherstellung des globalen Netzwerkes.
«Der einzige Vorwurf, den man machen kann, ist, dass mehr Tickets verkauft wurden, als schlussendlich Kapazität vorhanden ist», gesteht Wittmer. «Vor lauter Cashmanagement hat man im Verkauf wohl vergessen, was überhaupt möglich ist.»
Doch sowohl Wittmer als auch Agius sind sich sicher, dass sich die Lage bessern wird. Gemäss aktuellen Prognosen werde dies aber wohl erst 2023 oder gar 2024 sein. Und bis dahin würde es weiterhin zu steigenden Preisen, langen Wartezeiten und Flugausfällen kommen.