Dracula bei Netflix und Vox
Blutsauger, wo man hinguckt: Der Horror-Klassiker «Dracula» hat im Fernsehen zurzeit Hochkonjunktur. Freunde Transsilvaniens kommen im Streaming und in der klassischen Glotze auf ihre Kosten.
Das Wichtigste in Kürze
- Alles andere als blutleer: Frische Verfilmungen des unsterblichen Mythos von Dracula können Zuschauer derzeit geniessen.
Bei Netflix steht seit Jahresbeginn der gleichnamige BBC-Mehrteiler mit Claes Bang als perfidem Grafen online. Der Privatsender Vox strahlt an diesem Donnerstag um 20.15 Uhr den US-Fantasyfilm «Dracula Untold» mit «Fast & Furious»-Star Luke Evans in der Titelrolle aus.
Die neue Miniserie auf Netflix dürfte neben dem Stummfilm-Klassiker «Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens» (1922) zu den gruseligsten Verfilmungen gehören. In einem ungarischen Kloster erzählt Anwalt Jonathan Harker in düsteren Rückblenden seine Leidensgeschichte. Wie er als argloser Makler in das Schloss des spleenigen Grafen kam. Wie der ihn nicht mehr gehen liess. Von seinen nächtlichen Alpträumen. Und von den Alpträumen, die er schliesslich auch am Tag erlebte. Eher wie eine Staatsanwältin fragt ihn dabei eine sehr eigenartige Nonne aus. Ist es eigentlich normal, dass eine Dienerin Gottes spitze Holzpfähle bei sich hat?
Der Netflix-Dreiteiler «Dracula», für BBC One produziert, hat zwei der besten Drehbuchschreiber dieser Tage: Steven Moffat zeichnet für die besten Folgen der Zeitreiseserie «Doctor Who» verantwortlich. Mit Mark Gatiss bildete er schon das Erfolgsteam hinter der Detektivreihe «Sherlock» mit Benedict Cumberbatch. Der Darsteller des Vampirs, der Däne Claes Bang, war in Nebenrollen bereits bei diversen deutschen Serien wie «Der Landarzt» und «Küstenwache» zu sehen. Er füllt die Hauptrolle in «Dracula» genialisch böse aus. Und die Kamerafahrten durch Dunkel und Hell sind schwindelerregend.
Ganz anders nähert sich hingegen die amerikanische Verfilmung «Dracula Untold» (2014) dem Stoff von Bram Stoker. Werbefilmer Gary Shore hat in seinem Spielfilmdebüt Fantasy, Action und Horror gemixt. Er geht vor allem der Frage nach, wie Dracula zu einem Blutsauger geworden ist.
Auch wenn mancher Dialog dabei sehr sperrig rüberkommt: Der üppig ausgestattete Kostümfilm auf Vox ist ein Hingucker. Die Geschichte fährt grosse Trick-Effekte auf - zum Beispiel Evans' fantastische, aus unzähligen Fledermäusen bestehende Schwingen. In Kampfszenen ist die Kameraführung entfesselt, nur wenig Schnitte sind sichtbar.
«Dracula Untold»-Hauptdarsteller Luke Evans hat ohnehin Erfahrung mit Spektakeln. So spielte er unter anderem den Zeus in «Krieg der Götter» und den Bogenschützen Bard in den «Hobbit»-Filmen. Nun ist er Prinz Vlad Dracula von Transsilvanien - zwischen Beschützerinstinkt und Rache zerrissen. Um Frau, Sohn und Volk vor einfallenden Feinden zu schützen, lässt er sich mit einer finsteren Macht ein.
Und als Vlad aus einer Schädel-Schale das Blut des grossen Untoten trinkt, ist sein Schicksal schon fast besiegelt. Denn die ihm verliehene Kraft hat ihren Preis: Mit Vampir-Macht lassen sich die Gegner zwar mit ungewöhnlichen Methoden ausschalten. Eigentlich hat Vlad aber nicht vor, seinen Durst fortan mit Menschenblut zu stillen. Doch nur wenn er trotz Kampfgetümmels drei Tage abstinent vom roten Saft ist, bleibt ihm das Schicksal erspart.
Mit dem Roman von Bram Stoker (1847-1912) hat diese Verfilmung, die 2018 schon einmal bei RTL zu sehen war, herzlich wenig gemein. Sie sucht nach den Ursprüngen der blutigen Legende um den berüchtigten Fürsten Vlad III. Dracula. Der leistete im 15. Jahrhundert anstürmenden Osmanen Widerstand, galt als äusserst brutal und wurde später zum historischen Vorbild für die Dracula-Figur. Mit der «noch nicht erzählten» Geschichte von «Dracula Untold» fährt Regisseur Shore pralle Action mit Grusel-Faktor auf.