Juso stützt Antisemiten-Bewegung – Schweizer Juden besorgt

Die Juso unterstützt eine antisemitische Bewegung. Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund kritisiert dies – auch aus der Politik kommen empörte Stimmen.

Eine Demo der BDS in Österreich. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die BDS-Bewegung gilt als antisemitisch – die Juso hat entschieden, sie zu unterstützen.
  • Für SIG-Generalsekretär Kreutner ist klar: Damit manövriert sich die Juso «ins Abseits».
  • Auch Politiker kritisieren den Entscheid – die Jungpartei brauche Geschichtsnachhilfe.

Es ist ein Entscheid, der für Aufsehen sorgt: Die Juso unterstützt die israelkritische Bewegung «Boycott, Divestments, Sanctions» (BDS). Diese wird als antisemitisch eingestuft. In einem Instagram-Post gab die Juso Bern den Anschluss an die Bewegung bekannt.

Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann bestätigte die Entscheidung gegenüber der «NZZ». Sie spricht von einem legitimen Mittel, um «die israelische Kriegskasse auszutrocknen». Boykotte seien ein gängiges Mittel, um Forderungen zu untermauern. Antisemitisch seien die Bewegung und Boykotte nicht, sagt sie.

Die Juso unterstützt die BDS-Bewegung. - Instagram / @juso_be

Dem widersprechen die Behörden verschiedener Länder. In Deutschland, Tschechien und Österreich gilt BDS offiziell als antisemitisch.

SIG: Juso-Entscheid ist «unverständlich und schockierend»

Ähnlich sieht es der Schweizerische Israelitische Gemeindebund SIG. Gegenüber Nau.ch sagt Generalsekretär Jonathan Kreutner: «Die Handlungsmuster und Methoden der BDS-Bewegung haben einen eindeutig antisemitischen Anstrich.»

Seit dem Hamas-Massaker im Oktober 2023 habe sich die Bewegung zudem radikalisiert. «Israels Existenzrecht wird immer mehr infrage gestellt», so Kreutner. Laut deutschen Studien gebe es bei mehreren hundert antisemitisch motivierten Vorfällen einen Bezug zu BDS.

SIG-Generalsekretär Jonathan Kreutner. - keystone

Entsprechend beurteilt Kreutner die Entscheidung der Juso als «unverständlich und schockierend». Er führt aus: «Die Juso begibt sich damit in einen Kreis teils antisemitisch motivierter Israelhasser. Dies im krassen Widerspruch auch zur eigenen Antisemitismus-Resolution der SP von 2019.»

Für Kreutner kommt der Entschluss, den die Parteileitung der Jungsozialisten offenbar noch zu verhindern versuchte, überraschend. Dass die Juso pro-palästinensische Positionen unterstütze, sei zwar bekannt, sagt Kreutner. «Aber dass sie so weit gehen würde, sich in die Fänge von antisemitisch gefärbten Bewegungen zu begeben, ist enttäuschend.»

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Für den SIG ist deshalb klar: «Damit stellt sich die Jugendsektion einer der grössten Parteien in diesem Land vollends ins Abseits.»

Das Argument, Boykotte seien ein gängiges Mittel, um politische Forderungen zu untermauern, lässt Kreutner nicht gelten. Es komme auf den historischen und politischen Kontext an.

Boykottaufrufe gegen den einzigen jüdischen Staat dieser Welt seien diesbezüglich nicht mit Forderungen in anderen Konflikten gleichzusetzen. Zudem gehe es BDS darum, Israel zu delegitimieren und die Existenz eines jüdischen Staates infrage zu stellen.

Mitte-Ständerätin an Juso: «Seid ihr von Sinnen?»

Wenig Verständnis haben auch Politiker verschiedenster Parteien. Junge-Mitte-Präsident Marc Rüdisüli zeigt sich auf dem Twitter-Nachfolger X fassungslos. «Antisemitische Ressentiments müssen bekämpft und nicht gefördert werden», schreibt er an die Juso gerichtet.

Die Aargauer Mitte-Ständerätin Marianne Binder-Keller fragt die Juso: «Seid ihr von Sinnen?» Die Forderungen der BDS-Bewegung würden an «allerdunkelste Zeiten erinnern» und seien «historisch schwerstens belastet», sagt sie. Die Juso braucht Geschichtsnachhilfe, ist Binder-Keller überzeugt.

Auch der Grünliberale David Noser hält fest: «Die Juso unterstützt offen Antisemitismus.» Als Regierungspartei dürfe man das nicht hinnehmen, schreibt er an die SP gerichtet.

Kreutner vom SIG sagt zur Kritik an der Juso: «Es ist gut, dass dieser Entscheid hart kritisiert wird, aber das sollte nicht nur von Exponenten anderer Parteien kommen.»

«Die SP Schweiz nimmt zu BDS eine andere Haltung ein. Das ist gut so. Das wird die SP auch so bestätigen können», so Kreutner.

SP distanziert sich nicht – aber Nationalrätin kritisiert Juso

Die SP selbst hat sich bisher nicht offiziell zum Entscheid der Juso geäussert. Auch gegenüber der «NZZ» wollte man keine Stellung beziehen.

Die Aargauer SP-Nationalrätin Gabriela Suter kritisiert die eigene Jugendpartei jedoch auf X. «Man kann für die palästinensische Zivilbevölkerung einstehen, ohne mit einer fanatisch antiisraelischen Bewegung gemeinsame Sache zu machen.»

Sie erwarte eine «klare Kante gegen Antisemitismus und ein Mindestmass an Geschichtsbewusstsein».