SP-Ständerat Daniel Jositsch kandidiert erneut für den Bundesrat

Mit SP-Ständerat Daniel Jositsch verkündet der erste Kronfavorit seine Kandidatur für die Ersatzwahl von Bundesrat Alain Berset: Claude Longchamp ordnet ein.

Jetzt ist es offiziell: Ständerat Daniel Jositsch (SP/ZH) stellt sich für die Nachfolge von Bundesrat Alain Berset zur Wahl. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Jetzt ist es offiziell: Ständerat Daniel Jositsch stellt sich zur Wahl in den Bundesrat.
  • Der Sozialdemokrat betont: «Ich bringe breite berufliche und politische Erfahrung mit.»
  • Politologe Claude Longchamp ist überzeugt: «Jositsch hat durchaus intakte Chancen!»

Seit der Rücktrittsankündigung von Bundespräsident Alain Berset bringen sich die Sozialdemokraten in Stellung, um «ihren» zweiten Bundesratssitz zu verteidigen. Am Freitagabend hatte die Bundeshausfraktion verkündet, dass die SP auf Einschränkungskriterien für das Bundesratsticket verzichten möchte: Alle interessierten Parteimitglieder können bis zum 29. Oktober eine Kandidatur einreichen.

Bis heute hielten sich die meisten Kandidierenden bedeckt. Mit dem Stadtbasler Nationalrat Mustafa Atici hatte erst ein Mann sein Interesse offiziell angemeldet – bereits Anfangs Juli. Jetzt aber hat mit Ständerat Daniel Jositsch der erste Spitzenkandidat seinen Hut in den Ring geworfen.

Daniel Jositsch (SP/ZH) arbeitet im Ständerats-Vorzimmer an seinem Computer, während am Bildschirm Alain Berset in der Debatte spricht. Aufgenommen an der Herbstsession 2016. (Archivbild) - keystone

An der am Freitag angekündigten Medienkonferenz im Grünen Saal des Zürcher Volkshauses erklärt der Strafrechtsprofessor: «Ich bin – das wird sie nicht überraschen – zur Erkenntnis gekommen, dass ich kandidieren werde.»

Der Sozialdemokrat betont, er kandidiere nur, falls er es aufs SP-Ticket schafft: «Ich akzeptiere die Entscheidung meiner Fraktion, unabhängig davon, wen sie auf das Ticket setzt.»

Daniel Jositsch hat intakte Chancen auf die Wahl

Im Gegensatz zur Ersatzwahl von Simonetta Sommaruga kann Daniel Jositsch diesmal auf die Unterstützung vonseiten der Zürcher Kantonalpartei zählen: «Die Parteileitung der SP Kanton Zürich steht hinter einer Bundesratskandidatur von Daniel Jositsch», erklärte Priska Seiler Graf gegenüber der «Sonntagszeitung».

Politikwissenschaftler Claude Longchamp ist überzeugt: «Daniel Jositsch hat durchaus intakte Chancen auf die Wahl in den Bundesrat.» Eine ganze Reihe von Faktoren spreche für den Strafrechtsprofessor aus Zürich, erklärt der Experte – doch es gibt auch Hürden.

Ständerat, Jurist, Rhetoriker und Zürcher

«Er ist ein erfahrener Ständerat, der überdies als Jurist gerade in gewissen Departementen sehr dossierfest wäre. Ferner ist der Zürcher ein guter Rhetoriker und stammt aus einem wichtigen Kanton, der im Bundesrat derzeit nicht vertreten ist.»

Schliesslich könne Jositsch aufgrund seiner gemässigten politischen Ausrichtung freilich auch auf einen gewissen Rückhalt innerhalb der bürgerlichen Parlamentsmehrheit zählen. Dennoch ist der Politikwissenschaftler überzeugt, dass es zahlreiche Faktoren gebe, die dem Zürcher in die Parade fahren könnten.

Verärgerte Frauenmehrheit, nicht Links genug und Zürcher

Dabei verweist Longchamp primär auf die «wilde Kandidatur» im Rahmen der Ersatzwahl nach dem Rücktritt von SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga: «Das war ein klarer taktischer Fehler – Jositsch hat die Frauenmehrheit innerhalb der SP-Fraktion damit verärgert.» Eine starke Frauenkandidatur könnte ihn vor allem in der Fraktion konkurrenzieren.

Die Ambitionen der SVP-Regierungsrätin Natalie Rickli könnten Daniel Jositsch in die Parade fahren: Um einen «Zürcher Sitz» freizuhalten, könnte die SVP für einen anderen Kandidaten stimmen. - keystone

Ferner könnten allfällige Bundesratsambitionen der Zürcher SVP-Regierungsrätin Natalie Rickli dem Strafrechtsprofessor in die Quere kommen: «Wenn im Dezember ein Zürcher gewählt wird, schmälert dies auch die künftigen Wahlchancen von SVP-Kandidierenden aus dem Kanton.» Dies könne dazu führen, dass die SVP aus Eigeninteresse nicht für Daniel Jositsch stimme, erklärt Longchamp.

Doch auch die bereits angesprochene eher bürgerliche politische Ausrichtung könnte dem Strafrechtsprofessor zum Verhängnis werden: Gerade innerhalb der Fraktion sei der Zürcher «zu stark eingemittet» – selbst für gemässigte SP-Männer sei er nicht links genug.

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Dabei bezieht sich Longchamp in erster Linie auf SP-Nationalrat Eric Nussbaumer: Dieser hatte bereits angekündigt, dass er sich zur Wahl stellen würde, um einen Bundesrat Daniel Jositsch zu verhindern. Unter dem Strich ist der Experte sicher: Die höchste Hürde liege noch immer vor dem Strafrechtsprofessor, namentlich die Nomination durch die SP-Fraktion. Eine wirkliche Vorentscheidung dürfte also noch mindestens bis zum 25. November auf sich warten lassen – erst dann verkündet die SP ihr Bundesratsticket.