Hongkongs Opposition kritisiert Sicherheitschef für Gewalt bei Demos

In der ersten Parlamentssitzung in Hongkong nach den Massenprotesten gegen ein geplantes Auslieferungsgesetz hat sich Sicherheitschef John Lee für das gewaltsame Vorgehen der Polizei verantworten müssen.

Spannungsgeladene Sitzung in Hongkongs Parlament - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Abgeordneter plant Misstrauensantrag gegen Regierungschefin Lam.

Lee äusserte am Mittwoch sein Bedauern, dass Menschen verletzt worden seien, «während sie ihre Meinung äusserten». Die Sicherheitskräfte hätten aber nur auf «Bedrohungen» durch die Demonstranten reagiert.

Lees Äusserungen stiessen bei pro-demokratischen Abgeordneten auf scharfe Kritik. Es sei wenig glaubhaft, dass die Demonstranten eine Gefahr für die gut ausgebildeten und ausgerüsteten Sicherheitskräfte dargestellt hätten, sagte die Abgeordnete Claudia Mo. Einige ihrer Kollegen forderten unterdessen mit Aushängen an ihren Pulten, dass die Regierung das umstrittene Gesetz endgültig zurückzieht.

Das von Peking unterstützte Gesetzesvorhaben war auf massiven Protest gestossen, da es Auslieferungen an Festland-China ermöglicht hätte. Kritiker fürchten, dass bei einer Verabschiedung des Gesetzes auch Dissidenten vor Gerichte der Volksrepublik gestellt werden könnten. Zuletzt waren am Sonntag mehr als zwei Millionen Menschen in der Sonderverwaltungszone auf die Strasse gegangen.

Regierungschefin Carrie Lam hatte sich am Dienstag für den Tumult entschuldigt, der ihr Gesetzentwurf ausgelöst habe. Eine formale Rücknahme des Gesetzes lehnte sie jedoch ebenso ab wie ihren Rücktritt. Die Protestbewegung gab sich damit nicht zufrieden. Sie will nach eigenen Angaben weitermachen, bis ihre Forderungen erfüllt sind - Pläne für weitere Proteste hat sie bisher aber nicht vorgelegt.

Das geplante Gesetz hatte die schwersten politischen Unruhen seit der Übergabe der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong an China 1997 ausgelöst. Beobachtern zufolge ging die Polizei mit grosser Gewalt gegen Demonstranten vor, dies sorgte jedoch nur für weitere Proteste.

Ein Oppositionsabgeordneter wollte noch am Mittwoch einen nicht-bindenden Misstrauensantrag gegen Regierungschefin Lam einbringen. Angesichts der Peking-treuen Mehrheit im Legislativrat wird jedoch nicht damit gerechnet, dass er durchkommt.