Neues Strafrecht in Brunei tritt trotz internationalem Protest in Kraft
Trotz internationaler Proteste ist in Brunei ein verschärftes Strafrecht in Kraft getreten, das unter anderem für gleichgeschlechtlichen Sex die Todesstrafe vorsieht.
Das Wichtigste in Kürze
- Auf Ehebruch und gleichgeschlechtlichen Sex steht nun die Todesstrafe.
Die Regelung, die seit Mittwoch gilt, basiert auf der islamischen Scharia und sieht auch die Todesstrafe für Ehebruch vor. Die EU kritisierte die Strafen deutlich und warf Brunei die Verletzung internationaler Verträge zum Schutz von Menschenrechten vor.
Die neuen Gesetze sehen auch die Amputation einer Hand bei Dieben vor. Bei Wiederholungstaten soll ihnen zusätzlich ein Bein abgenommen werden. Vergewaltigung und Raub sind demnach ebenso mit dem Tod zu bestrafen wie Gotteslästerung. Homosexuellen Männern droht die Todesstrafe durch Steinigung. Frauen, die gleichgeschlechtlichen Sex haben, müssen mit 40 Stockhieben oder zehn Jahren Gefängnis rechnen.
Die EU erklärte, einige der Strafen bedeuteten «Folter oder grausame, unmenschliche oder erniedrige Behandlung» von Menschen. Damit verstosse Brunei gegen die UN-Antifolterkonvention, die es im Jahr 2015 unterzeichnet hatte. Weiter hiess es in der Erklärung, die EU erwarte, dass die Todesstrafe in Brunei auch künftig nicht vollstreckt werde.
Brunei steht wegen der neuen Gesetze seit Tagen in der Kritik. UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet bezeichnete die Strafen als «grausam und unmenschlich», Deutschland, Frankreich und die USA riefen das Sultanat zur Achtung der Menschenrechte auf. Prominente wie Elton John und George Clooney forderten den Boykott der neun Luxushotels im Besitz des Sultanats in Grossbritannien, Frankreich, Italien und den Vereinigten Staaten. Auch der ehemalige US-Vizepräsident Joe Biden verurteilte die neue Gesetzgebung.
Das Sultanat auf der Insel Borneo ist das erste Land in Ost- und Südostasien, das sich mit seinem Strafgesetzbuch am islamischen Recht der Scharia orientiert. Ähnlich halten es bisher bereits einige Nahost-Staaten und Saudi-Arabien. Das Auswärtige Amt riet Reisenden in Brunei angesichts der Strafrechtsverschärfungen am Mittwoch zu besonderer Vorsicht. Besuchern werde ausdrücklich empfohlen, «sich mit den landesspezifischen Gesetzen vertraut zu machen».
Sultan Bolkiah, der als einer der reichsten Menschen der Welt gilt, hatte die Pläne für die neue Gesetzgebung bereits im Jahr 2013 angekündigt. Erste Gesetze traten 2014 in Kraft, darunter etwa Geld- und Gefängnisstrafen für «unanständiges Verhalten» oder das Versäumen der Freitagsgebete.
Beobachtern zufolge will sich der Sultan angesichts einer anhaltenden Rezession in dem von Öl-Einnahmen abhängigen Land die Unterstützung konservativer Kreise sichern, kann aber offenbar auch auf den Rückhalt in der Bevölkerung des ehemaligen britischen Protektorats zählen. Ob Steinigungen künftig tatsächlich vollstreckt werden, ist unklar, da die Beweispflicht sehr streng ist. Seit Jahrzehnten wurde in Brunei niemand mehr hingerichtet.