Verhärtete Fronten vor USA-China-Gipfel - Mächte umwerben die Asean
Kurz vor dem Spitzentreffen zwischen US-Präsident Joe Biden und Chinas Staatschef Xi Jinping sind die Fronten zwischen den beiden Rivalen so verhärtet wie nie. Frisch gestärkt durch den Wahlerfolg der Demokraten bezog Biden am Tag vor der Begegnung auf der indonesischen Insel Bali deutlich Position gegen Peking. Beim Gipfel des südostasiatischen Staatenverbundes Asean in Kambodscha sprach sich der US-Präsident gegen die Territorialansprüche Chinas im Südchinesischen Meer und dessen Drohungen gegen Taiwan aus.
Biden und Xi treffen sich am Montag, einen Tag vor dem Start des zweitägigen Gipfels der Gruppe der führenden Wirtschaftsnationen (G20) in Nusa Dua auf Bali, wo auch Kanzler Olaf Scholz erwartet wird.
Es ist die erste persönliche Begegnung beider Spitzenpolitiker seit Bidens Amtsantritt vor knapp zwei Jahren. Die Beziehungen sind auf einem historischen Tiefstand und die Spannungen nehmen zu.
Freundlicher Schlagabtausch erwartet
Biden erwartet einen freimütigen Austausch mit Xi Jinping. Er wolle die «rote Linien» aufzeigen. «Ich kenne ihn gut. Er kennt mich», sagte der US-Präsident. «Ich habe mehr Zeit mit ihm verbracht als mit einem anderen Führer der Welt», sagte Biden mit Blick auf seine früheren Treffen mit Xi Jinping, als beide noch Vizepräsidenten waren. «Wir hatten immer offene Diskussionen.» Es habe «nie irgendwelche Missverständnisse» zwischen ihnen gegeben. «Ich denke das ist von entscheidender Bedeutung für die Beziehungen.»
Worum streiten die USA und China?
Die Liste ist lang: Chinas Rückendeckung für Russlands Präsident Wladimir Putin nach dessen Einmarsch in der Ukraine, Handelskrieg und US-Sanktionen, Chinas Säbelrasseln gegenüber dem demokratischen Taiwan und seine Territorialansprüche im Südchinesischen Meer. China wirft den USA vor, seinen Aufstieg in der Welt behindern zu wollen. Die USA sehen China zunehmend als Rivalen und Bedrohung.
Biden nannte die Entscheidung des internationalen Schiedsgerichts in Den Haag, das Chinas Ansprüche im Südchinesischen Meer 2016 als unrechtmässig abgewiesen hatte, «endgültig und rechtlich bindend». Die Freiheit der Schifffahrt und des Überfluges müsse respektiert werden.
Mit Japan streitet China um Teile des Ostchinesischen Meeres und beansprucht ferner rund 80 Prozent des Südchinesischen Meeres. Auch Asean-Staaten erheben Ansprüche auf Inseln, Atolle und Riffe. Um für die Freiheit der Navigation einzutreten, operieren US-Kriegsschiffe demonstrativ in dem Seegebiet, wobei es wiederholt zu Begegnungen mit chinesischen Marineschiffen kommt. Durch das rohstoffreiche Seegebiet geht ein Drittel des weltweiten Schiffsverkehrs.
Der US-Präsident mahnte auch «Frieden und Stabilität» in der Meerenge der Taiwanstrasse an. Peking droht mit einer Eroberung Taiwans. Es betrachtet die Insel als Teil der Volksrepublik, während sich Taiwan als unabhängig ansieht. Die USA haben sich der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet, was bisher meist Waffenlieferungen bedeutete. Doch hat Biden geht weiter als seine Vorgänger und hat im Fall eine Angriffs auch Hilfe durch US-Truppen in Aussicht gestellt.
Die USA brauchen aber Kooperation Chinas
Biden unterstrich, dass die USA energisch mit China in der Welt konkurrieren wollten. Auch wollten sie auf Menschenrechtsverletzungen hinweisen. Gleichzeitig sollten aber die Kommunikationsverbindungen aufrechterhalten bleiben, «um zu verhindern, dass der Wettbewerb in einen Konflikt ausartet», wie das Weisse Haus mitteilte.
Beide Länder müssen zusammenarbeiten: Biden sucht eine «konstruktive Rolle» Chinas im Konflikt mit Nordorea um dessen Raketenstarts und die Gefahr eines neuen Atomtests. Wenn Nordkorea so weitermache, dürften die USA ihre Militärpräsenz in der Region nur verstärken, sagte Sicherheitsberater Jake Sullivan. China habe ein eigenes Interesse daran, Nordkoreas «schlimmste Tendenzen» einzudämmen.
Mit Japan und Südkorea vereinbarten die USA ein einheitliches Vorgehen. Bei einem Treffen mit Japans Ministerpräsident Fumio Kishida und Südkoreas Präsident Yoon Sek Yeol kritisierte Biden «provokatives» Verhalten Nordkoreas. Kishida nannte das Treffen «extrem zeitgemäss», während Yoon jetzt «ein Höchstmass an Kooperation» zwischen den drei Ländern für notwendig hielt.
China und USA umwerben Asean-Staaten
Bei dem Gipfel wurden die Asean-Staaten gleich von zwei Seiten umworben. «Asean steht im Mittelpunkt der Indo-Pazifik-Strategie meiner Regierung», sagte Biden. Beide Seiten hoben ihre Beziehungen – wie zuvor angekündigt – auf die Ebene einer «umfassenden strategischen Partnerschaft». Chinas Premier Li Keqiang wies darauf hin, dass China und Asean schon vor einem Jahr eine solche «umfassende strategische Partnerschaft» vereinbart haben.
Zum Asean gehören neben Brunei, Indonesien, Malaysia, Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam auch solche mit engen Verbindungen zu China wie Kambodscha, Laos, Myanmar und demnächst auch Osttimor.
Russland wirft USA Hegemonie vor
Russlands Aussenminister Sergej Lawrow stellte sich an Chinas Seite warf den USA und der Nato vor, eine Vormachtstellung einehmen und die Asien-Pazifik-Region «schlucken» zu wollen. Ihre Militarisierung der Region ziele darauf, «China und die russischen Interessen in der Region einzugrenzen». Lawrow reist vom Asean-Treffen zum G20-Gipfel nach Bali weiter. Er vertritt dort Präsident Putin, der seine Teilnahme abgesagt hatte.
Kein Treffen zwischen Ukraine und Russland
Obwohl Lawrow und sein ukrainischer Amtskollege Dmytro Kuleba in Phnom Penh waren, kam es nicht zu einem Treffen. Lawrow habe ihn nicht um ein Treffen gebeten, wie es in der internationalen Diplomatie üblich sei, sagte Kuleba. «Es gibt keinen einzigen Hinweis darauf, dass Russland ernsthaft Verhandlungen anstrebt.»
Erster von drei Gipfeln
Das Asean-Treffen war der Auftakt einer Serie von drei Gipfeln: Auf den G20-Gipfel am Dienstag und Mittwoch folgt am Freitag und Samstag in Thailands Hauptstadt Bangkok noch der Asien-Pazifik-Gipfel (Apec). Im Apec-Forum arbeiten 21 Staaten rund um den Pazifik zusammen. Zu den G20 gehören die Europäische Union und die stärksten Volkswirtschaften aller Kontinente