Englische Profikicker kämpfen nach Lockdown mit Gaming-Sucht
Im Lockdown nutzten viele Profikicker die ungewohnte Freizeit – und wandten sich Videospielen zu. Das führt nun für einige von ihnen in die Suchtspirale.
Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Fussballprofis kämpfen nach dem Lockdown mit einer Gaming-Sucht.
- Die Anzahl der Spieler, die Hilfe suchen, habe sich verdreifacht, warnt ein Experte.
- Auch die Clubs und der englische Spielerverband warnen vor einer «stillen Epidemie».
Als das Coronavirus im Frühling das Leben weltweit zum Stillstand brachte, fanden zahlreiche Menschen ungewohnt viel Freizeit vor. Auch den Fussballprofis erging es nicht anders – statt Saison-Endspurt hiess es plötzlich Lockdown.
Weil sonst nicht viel zu machen war, wandten sich die Sport-Stars dem Internet zu. Formel-1-Piloten wie Lando Norris oder Charles Leclerc wurden zu beliebten Twitch-Streamern. Und auch in der Fussballwelt taten sich leidenschaftliche Zocker hervor.
Was damals noch wie ein unterhaltsamer und zugänglicher Zeitvertreib wirkte, zeigt nun aber ernsthafte Konsequenzen. «Es gerät ausser Kontrolle», warnt der Sucht-Experte Steve Pope gegenüber «Sportsmail». «Die Zahl der Spieler, die Hilfe suchen, hat sich verdreifacht.»
«Fussballer haben obsessive Persönlichkeiten»
«Als der Fussball zum Erliegen kam und die Spieler nichts zu tun hatten, wurde Gaming plötzlich noch attraktiver», so Pope. «Jetzt, obwohl wieder gespielt und trainiert wird, ist es zum Problem geworden.»
Die Spieler hätten ihre Zocker-Angewohnheiten nach dem Lockdown nicht mehr abgelegt. «Fussballer haben obsessive Persönlichkeiten und mehr Zeit als die meisten anderen. Das ist mental destruktiv – es ist eine stille Epidemie, die keine Aufmerksamkeit erhält.»
Aktuell seien 15 Fussballprofis bei ihm wegen ihrer Gaming-Sucht in Behandlung. «Sie reisen viel, sind viel in Hotelzimmern und haben Zeit totzuschlagen», erklärt Pope. «Es ist egal, wonach man süchtig wird – es braucht Unterstützung, und die gibt es nicht.»
«Sie spielen zehn Stunden am Tag»
Auch Southampton-Trainer Ralph Hasenhüttl erkannte das Problem – und das schon vor dem Lockdown. Er verortete die besonders schweren Fälle sogar «genau gleich wie Alkoholiker oder Drogenabhängige.» Im Teamhotel liess er gar das WLAN abstellen.
Jeff Whitley, der Gesundheitsbeauftragte der Fussballer-Vereinigung PFA, sieht es ähnlich. «Manche Symptome können ähnlich sein wie bei anderen Abhängigkeiten. Es kann dazu führen, dass andere Lebensbereiche vernachlässigt werden.»
«Manche von diesen Jungs zocken bis in die Morgenstunden. Wenn einer zehn Stunden am Stück spielt, Tag für Tag, schläft und isst er nicht richtig», so Whitley. «Wenn er das macht, lässt ihn sein Körper nicht so performen, wie die Clubs das wollen.»