Deutschland mangelt es an Motorrad-Nachwuchs

Die beiden bekanntesten deutschen Motorrad-Piloten müssen sich mit Testfahrer-Jobs zufrieden geben. Die kleinste Klasse der WM findet ohne deutsche Beteiligung statt, in der Moto2 starten immerhin drei Deutsche. Insgesamt fehlen im Land aber die Talente.

Philipp Öttl wird in der Moto2-Klasse debütieren. Foto: Theo Karanikos/ZUMA Wire - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Motorrad-WM startet am Wochenende in Doha in die neue Saison, doch in zwei der drei Klassen gibt es keine deutschen Teilnehmer.

Es fehlt an Nachwuchs, Talente sind Mangelware.

Mit Blick auf die Zukunft besonders besorgniserregend ist, dass kein Deutscher in der kleinen Moto3-Klasse dabei ist. Immerhin hat sich ein deutsches Trio für die Moto2-WM eingeschrieben: Marcel Schrötter, Philipp Öttl und Lukas Tulovic heissen hier die Hoffnungsträger.

Öttl und Tulovic debütieren in der mittleren Klasse, Schrötter zählt mit 26 Jahren zu den routinierten Piloten. Im Vorjahr gelang ihm der erste WM-Podestplatz. «Das Potenzial ist vorhanden», sagt TV-Experte Alex Hofmann. Öttl und Tulovic sind in der hart umkämpften Serie nur Aussenseiter, für sie steht ein Lernjahr an. «Man muss extrem gut sein, wenn man in die Klasse kommt und alle über den Haufen bügelt», meint Hofmann und freut sich auf die beiden Moto2-Neulinge: «Es kommt frischer Wind aus deutscher Sicht», sagt er, fügt aber hinzu. «Viel mehr haben wir momentan leider nicht zu bieten an Nachwuchstalenten.»

Durch Öttls Moto2-Aufstieg ist in der Moto3 eine Lücke entstanden. In den vergangenen 30 Jahren feierten Sandro Cortese, Dirk Raudies, Ralf Waldmann, Peter Öttl und Steve Jenkner grosse Erfolge und hinterliessen Fussstapfen, die vorerst nicht ausgefüllt werden. Aus dem Nachwuchs drängt sich laut Hofmann niemand auf: «Ich hoffe, dass nach und nach Kids nachkommen, aber gefühlt haben die Eltern in Deutschland eher auf Smartphones und Gaming umgestellt, weil es ungefährlicher ist für die Kinder. Ich weiss nicht, ob wir diesen Trend aufhalten können.»

Der Sachsenring zieht Jahr für Jahr rund 200.000 Zweirad-Fans nach Hohenstein-Ernstthal, doch bei der Jugend spielt das Thema Motorrad eine untergeordnete Rolle. Auch andere Länder haben Nachwuchssorgen: Seit einigen Jahren fehlen die lange dominierenden Starter aus den USA. Ähnliches gilt für Australien. Weltweite Vorbilder sind Spanien und Italien, die in dieser Saison 14 der 22 MotoGP-Piloten stellen.

Die beiden bekanntesten deutschen Motorrad-Piloten, Stefan Bradl und Jonas Folger, bekamen für 2019 nur Testfahrer-Jobs. Beide sind im besten Alter und standen in der MotoGP schon auf dem Podium. Während Bradl von Arbeitgeber Honda mit mindestens zwei Gaststarts für die Testarbeit belohnt wird, plant Yamaha keine Renneinsätze mit Folger. MotoGP-Experte Hofmann traut beiden das Comeback als Fix-Starter zu. «Ich würde es mir wünschen. Doch die Jungs müssen den Ball selbst ins Rollen bringen, indem sie auf der Rennstrecke die Performance zeigen, die sie qualifiziert, um wieder zurückzukommen», fordert er.

Ex-Moto3-Weltmeister Cortese konnte im Vorjahr mit dem Gewinn der Supersport-WM auf sich aufmerksam machen. Ende 2017 verabschiedete er sich aus der Motorrad-WM und ging in die seriennahe Meisterschaft. In diesem Jahr tritt er in der Superbike-WM an. Die WM-Titel von Cortese (2012) und Bradl (2011) werden wohl für Jahre unerreicht bleiben. Die Glanzzeiten, die deutsche Motorrad-Ikonen wie Toni Mang und Dieter Braun den Fans bescherten, werden so schnell nicht wiederkommen.