Marc Gisin entschuldigt sich nach Sturz bei seiner Familie

Vor gut zehn Tagen löschte ein heftiger Sturz eine Woche aus der Erinnerung von Marc Gisin. Der Schweizer Skirennfahrer befindet sich auf dem Weg der Besserung.

Marc Gisin im November während des Trainings von Lake Louise. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Marc Gisin erholt sich im Spital Luzern von seinem Horror-Sturz in der Abfahrt von Gröden.
  • Der 30-Jährige erfasste erst nicht, wie schwer sein Sturz war – ihm fehlt die Erinnerung.

Einen Tag zuvor schrieb Marc Gisin in einer Kolumne in der «NZZ» über das Stürzen im Skisport. «Alles passiert in Bruchteilen einer Sekunde – und doch brennt sich der Moment, in dem ich realisiere, dass ich stürzen werde, für immer in mein Gedächtnis.» Obwohl jeder Sturz anders entstehe, sei der Moment, indem man diesen realisiere, immer gleich. Einen Tag später stürzt der Abfahrer in Gröden so schwer, dass er seine Saison abbrechen muss.

Der Sturz von Marc Gisin am 15. Dezember 2018 in Gröden.

«Sieht ja gar nicht grob aus!»

Heute Mittwoch spricht Gisin erstmals über seinen Sturz im «Blick». Er hat sich diesen mittlerweile angesehen. Ein unnötiger Sturz, findet Gisin. «Als ich dann den Abflug gesehen habe, habe ich zu mir gesagt: Es kann ja nicht sein, dass du deswegen völlig kaputt im Spital liegst. Der Sturz sieht ja überhaupt nicht grob aus!»

Eine bewusste Erinnerung an seinen Horror-Sturz in Gröden fehlt ihm, eine ganze Woche fehle in seinem Gedächtnis, sagt er gegenüber dem «Blick». «Ich weiss noch, wie ich am Tag vor dem Sturz Ski getestet und im Anschluss gemeinsam mit Patrick Küng den Super-G im TV geschaut habe. Ab diesem Moment habe ich einen Filmriss.»

Posttraumatische Belastungsstörung

Das Resultat seines Sturzes: Mehrere Rippenbrüche, die auch Verletzungen in der Lunge zur Folge hatten, eine eingedrückte Hüftpfanne, Frakturen an der Wirbelsäule, er wird einige Tage künstlich beatmet. Trotzdem hat er Glück gehabt. Es ist der zweite schwere Sturz von Gisin. 2015 prallte er auf der Streif in Kitzbühel an der Hausbergkante auf die eisige Piste: Schädel-Hirn-Trauma und eine Hirnblutung. Seither kämpft Gisin mit schweren Schlafstörungen.

Diese Spätfolgen nennt die Psychologie posttraumatische Belastungsstörungen. Der Sturz wird durch den Körper und Gefühle immer und immer wieder erlebt, der Körper befindet sich in permanentem Alarmzustand. «Ich wusste ich nicht, wie ich damit umgehen muss. Ich habe verschiedenste Therapien ausprobiert, aber nichts hat mir wirklich geholfen», sagte Gisin damals zur «AZ».

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SRF - Der Sturz von Marc Gisin in Kitzbühl 2015.

Ernst der Lage nicht erkannt

Auch im Spital in Luzern, wo Gisin jetzt liegt, kämpft der Walliser mit Schlafproblemen. «Ich schlafe in der Nacht ganz schlecht. Aber das ist wahrscheinlich auf die Tatsache zurückzuführen, dass ich nach meinem Sturz am Abend intubiert werden musste. Und wahrscheinlich beginnt mein Körper deshalb beim Einnachten zu rebellieren, weil er denkt, dass ihm jetzt gleich wieder eine Röhre den Hals hinuntergeschoben wird.»

Sein Körper gibt ihm Signale, dass der Sturz heftig war. Etwas, das er mental zuerst nicht erfasste. «Weil ich keinen rationellen Bezug zu meinem Sturz habe, habe ich das ganze gegenüber meinen Liebsten hinunter gespielt.» Erst mit der Zeit realisierte er, dass er sich in einem dramatischen Zustand befunden hat. «Dass meine Eltern, meine Freundin und meine Schwestern dieses Drama hautnah mitbekommen haben, tut es mir wirklich leid, dass sie das mit mir mitmachen mussten.»

Die Saison ist für den 30-Jährigen gelaufen. «Klar, diese Wettkampf-Saison ist für mich gelaufen. Aber ich hoffe, dass ich im März wieder mit dem Skifahren beginnen kann.» Ein Rücktritt kommt also nicht in Frage.