Coronavirus: Eignet sich Ösi-Ampelsystem auch für die Schweiz?
Das Wichtigste in Kürze
- Seit einer Woche führt Österreich eine Corona-Ampel.
- Epidemiologe Marcel Tanner hält das System für nicht zielführend.
- Ein Kanton führt jedoch bereits ein solches Ampel-System.
Die seit letzter Woche aufgeschaltete Corona-Ampel sorgt bei unserem Nachbar Österreich für viel Zündstoff. Jeden Freitag, also auch heute, schaltet die Ampel in einem Bundesland oder Bezirk auf Gelb, Orange oder Rot. Je nachdem, wie hoch die Ansteckungs-Gefahr im jeweiligen Gebiet ist.
Die Folge: Verschärfte Massnahmen, wie eine erweiterte Maskenpflicht.
Doch Politik und Bevölkerung zoffen sich um den Sinn der Ampel. Zum einen fehlt die Transparenz über das neue Ampel-System und zum anderen beruht es auf keiner rechtlichen Grundlage.
Schweizer Epidemiologe beurteilt Ampel im Kampf gegen Coronavirus als untauglich
Das System stösst auch in der Schweiz auf Interesse. In den Kommentaren befürworten einige Nau.ch-Leser eine solche Corona-Ampel. Epidemiologe Marcel Tanner, Mitglied der Corona-Taskforce, hält das hingegen für keine sinnvolle Idee.
«Die Corona-Ampel ist schlichtweg nicht hilfreich und dazu zu oberflächlich» so Tanner. Ein 26-Ampel-System für jeden Kanton der Schweiz bewirke nur Angstmacherei und sei nicht zielführend.
Die Taskforce fokussiere sich auf die Quelle eines Ansteckungsherdes und versuche die Ausbreitung zu unterbinden. «Das System unseres Nachbarn zu übernehmen würde wenig Sinn ergeben», so der Epidemiologe auf Anfrage von Nau.ch.
Kanton Zug lässt bereits eine Ampel blinken
Tatsache ist: Ein solches Ampelsystem gibt es tatsächlich auch in der Schweiz. Öffentlich bekannt ist sie jedoch lediglich im Kanton Zug. Dieses diente der Kantonsärzte-Verinigung und somit mehreren Kantonen als Vorbild, berichteten die AZ Medien vor einigen Wochen.
Im Vergleich zu Österreich löst ein Wechsel der Farbe jedoch keine automatischen Massnahmenverschärfungen aus. Rot würde gemäss dem dortigen Konzept aber die Diskussion von flächendeckenden Massnahmen auslösen.
Die Ampel schaltet auf Orange oder Rot, wenn sich zwei entscheidende Werte bedrohlich entwickeln. Einerseits die Neuinfektionen über die letzten sieben Tage pro 100'000 Einwohner, andererseits die Veränderung zur Vorwoche.
Gibts weniger als 10 Fälle des Coronavirus pro 100'000 Einwohner in den letzten sieben Tagen, bleibt die Ampel auf Grün. Bei 75 Fällen, falls sich das Virus langsam ausbreitet, schaltet die Ampel auf Rot.
Würde die Schweiz nach diesem Schema konsequent die Ampel schalten, wäre derzeit der Kanton Waadt auf Rot. Dieser verzeichnete letzte Woche pro 100'000 Einwohner 87,2 Fälle. In der Woche vorher waren es 54,9.
Gestiegen ist die 7-Tage-Inzidenz auch in Genf (von 60 auf 71,7) und Freiburg (von 42 auf 62,4). In Zürich würde die Ampel derzeit nicht umgeschalten. So sank die 7-Tage-Inzidenz letzte Woche von vorher 32,5 auf 30,5 Fälle pro 100'000 Einwohner.