Food Architect: «Unser Essen wird aus dem Bioreaktor kommen»

Alexander König
Alexander König

Zürich,

Wie beeinflussen neue Technologien Lebensmittel? Inwiefern hilft künstliches Fleisch der Umwelt? Welche Rolle spielt KI? Diese Woche im Deep Technology Podcast.

Das Wichtigste in Kürze

  • Landwirtschaft und Food Waste gehören zu den grössten Verursachern globaler Emissionen.
  • Fleischloses Essen kann dank neuer Technik besonders umweltfreundlich und lecker sein.
  • Lebensmittel sind heute auch Mittel zur Identifikation und Selbstinszenierung.

Im Deep Technology Podcast geht es darum, wie Menschen über neue Technologien und ihren Einfluss auf die Gesellschaft denken. Manuel Stagars unterhält sich in dieser Episode mit Tilo Hühn. Er ist Food Architect und Leiter Zentrum für Lebensmittelkomposition und Prozessdesign an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW).

«Jeder Mensch hinterlässt mit seinem Lebensmittelkonsum einen gewissen ökologischen Fussabdruck. Deshalb sind Nachhaltigkeits-Fragestellungen immer wichtig», erklärt Hühn. Auf diese Fragestellungen eine Antwort zu finden, ist Ziel seiner rund 80-köpfigen Abteilung.

Tilo Hühn Food Architect
Tilo Hühn, Food Architect, im Deep Technology Podcast, - zVg.

Wie haben sich unsere Lebensmittel in den letzten Jahrzehnten verändert?

Die Schweiz sei ein Land, das insbesondere im Bereich der Lebensmittel hohe Standards verfolgt. Viele könnten sich das leisten, dies sei «eine wichtige Vorbedingung für nachhaltigen Konsum.»

Leider gebe es dennoch einen Preisdruck, durch den vielerorts Zusatzstoffe eingesetzt werden. Dieser Preisdruck sei in den letzten Jahrzehnten gewachsen, dadurch wurden auch verschiedene Ökosysteme völlig überbeansprucht.

Hühn im Deep Technology Podcast: Fleischersatz gross im Trend

Gross im Trend ist derzeit fleischloses Essen. Hühn: «Es gibt sogar genmanipulierte Fleischersatzprodukte.» Diese enthalten Hämoglobin, das Protein der roten Blutkörperchen, das zum Fleischgeschmack massgeblich beiträgt.

«Diese Fleischersatzprodukte sind teils sehr überzeugend. Manche könnte ich nicht von der Frikadelle meiner Grossmutter unterscheiden.»

Würden Sie Fleisch aus einer Zell-Zucht probieren?

Interessant auch die Lebensmittel aus dem Tank: Mit der sogenannten Cellular Agriculture können neben Fleisch auch Nahrungsmittel wie Wein oder auch Schokolade generiert werden. Nach nur einem Monat könne man hier Zellen ernten und daraus verschiedene Lebensmittel herstellen.

Schokolade
Auch Schokolade lässt sich aus Zellkulturen herstellen. - Pixabay

Die Zellen selbst: völlig natürlich, lediglich durch eine bestimmte Kultivierung im Bioreaktor vermehrt. Für die Umwelt bietet das viele Vorteile: Keine Transporte, keine Pflanzenschutzmittel.

Jeder Mensch für nachhaltige Entwicklung mitverantwortlich

Wie steht der Food Architect zu künstlicher Intelligenz in der Lebensmittelbranche? «Dieser Begriff gefällt mir nicht. Es sind immer Menschen, welche die Programme schreiben.

Daten haben keine Bedeutung, erst wir Menschen geben diesen eine Bedeutung.» Doch mit diesen Programmen sei sehr viel möglich. Stichwort Reverse Engineering: Möchte man Produkt X möglichst gut mit alternativen Rohstoffen nachahmen, kommt man daran fast nicht vorbei.

Fleisch holz
Zellbasiertes Fleisch bietet viele Vorteile, ist aber noch vergleichsweise teuer. - zVg

Unterm Strich böte Digitalisierung viele Vorteile, aber auch Gefahren. Konsumenten könnten geschickt manipuliert werden. Nur wer kritisch denkt, kann zwischen Information und Desinformation unterscheiden.

Hühn: «Wir alle sind verantwortlich, dass die Zukunfts-Entwicklung nachhaltig läuft. Wir müssen einen Weg finden, der für die meisten akzeptabel ist, auch wenn es ein Kompromiss ist, zusammen mit Politiker.»

Diese und weitere Fragen und Antworten rund um neue Technologien und Ernährung in dieser Episode des Deep Technology Podcasts. Der Podcast erscheint zweiwöchentlich und ist hier, auf Spotify, auf allen gängigen Podcast-Plattformen und auf deeptechnology.ch abrufbar.

Kommentare

User #2531 (nicht angemeldet)

Weil es denen gar nicht um den Tierschutz geht, sondern um die Nahrungsmittel-Macht.

User #2531 (nicht angemeldet)

nein, das ist reine Geldgier.

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