Geht die Kultur des Trinkgeldes schleichend verloren?
Eine Studie der Bank Cler analysiert das Trinkgeldverhalten der Schweiz. Was motiviert uns, Trinkgeld zu geben?
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Studie der Bank Cler geht dem Trinkgeldverhalten der Schweiz auf die Schliche.
- Es zeigt, dass junge Menschen weniger grosszügig Trinkgeld geben als ältere Generationen.
- Häufig wird beim Trinkgeld aufgerundet anstatt, dass ein Prozentsatz berücksichtigt wird.
- Beim Trinkgeld scheint es sich um eine Geste der Wertschätzung und Gewohnheit zu handeln.
Eine Wertschätzung, eine kleine Lohnaufbesserung oder einfach weil es Brauch ist: In Schweizer Restaurants wird oft ein Trinkgeld gezahlt. «Es ist spannend, zu beobachten, wie sich die Kultur des Trinkgeldgebens entwickelt. Hier zeigen sich deutliche Unterschiede im menschlichen Verhalten», sagt Samuel Meyer, CEO der Bank Cler, wenn er sich die neueste Studie über die Motivation von Menschen in der Schweiz beim Trinkgeld geben anschaut.
Junge Menschen sind weniger spendierfreudig
83% der Befragten gibt an, dass sie mit dem Trinkgeld ihre Wertschätzung und Zufriedenheit gegenüber dem Service ausdrücken möchten. Bank Cler-CEO Samuel Meyer stechen andere Motivationen ins Auge: «Immerhin jeder Dritte gibt Trinkgeld aus Tradition und nochmals jeder Dritte tut dies, um das Einkommen des doch meist nicht sehr hoch salarierten Personals aufzubessern». Das Trinkgeld geben gilt somit als respektvolle Sitte und ist eine Frage des Stils.
Doch die Kultur scheint schleichend abzunehmen, wie die Analyse der Altersgruppen zeigt. Bei den bis 30-Jährigen scheint Trinkgeld eine weniger grosse Bedeutung zu haben, als bei den älteren Generationen. Aufmerksamkeit erzeugt ausserdem das unterschiedliche Verhalten innerhalb der verschiedenen Sprachregionen. Die Westschweiz scheint in Sachen Trinkgeld den Deutschschweizer deutlich hinterherzuhinken.
Männer und Frauen: mal verhalten sie sich sehr anders, mal gleich
Die Studie zeigt, dass die Menschen nicht spendierfreudiger sind, wenn es sich um Geschäftskosten handelt. «Schweizerinnen und Schweizer sind ehrliche Menschen», freut sich Samuel Meyer. Nur gerade 6 Prozent haben ausgesagt, bei Geschäftsspesen mehr Trinkgeld zu geben. Bei sechs von zehn hat es keinen Einfluss, drei von zehn sind privat sogar grosszügiger. Die Studie hat allerdings auch gezeigt, dass Männer mit 56% beim Trinkgeld geben emotionaler handeln als Frauen mit 34%. Gerade wenn es sich um ein attraktives Servicepersonal handelt, fällt das Trinkgeld oft höher aus.
Gemeinsam ist den Geschlechtern, dass sie bei unattraktiver und ungepflegter Bedienung die Höhe des Trinkgeldes reduzieren. «Oft geht es auch um den guten Eindruck», fällt Samuel Meyer auf: «Beim Trinkgeld geben, zeigen sich deutliche Unterschiede im menschlichen Verhalten.»
Das digitale Dilemma abends im Ausgang
«Die 10-Prozent-Regel, die viele aus dem Ausland kennen, ist hierzulande keine Norm», hat Meyer gelernt. 60% der Befragten geben bei Rechnungen ab 10 Franken aufwärts an, auf einen Betrag «aufzurunden», der nur gerade bei 3 Prozent der Befragten 10% übersteigt. «Wenn bar bezahlt wird, wird das Servicepersonal grosszügiger mit einer Aufrundung belohnt», meint Samuel Meyer.