Informationskompetenz: Das Motte-und-Bailey-Argument
Das Motte-und-Bailey-Argument ist eine manipulative Taktik, bei der Positionen durch den Wechsel zu leichter zu verteidigenden Aussagen verschleiert werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Motte-und-Bailey-Argument wechselt zwischen kontroversen & verteidigbaren Positionen.
- Mit dem Rückzug auf das Motte-Argument suggeriert man die Unwiderlegbarkeit der Position.
- Informationskompetenz schützt vor Manipulation durch das Motte-und-Bailey-Argument.
Ursprünglich vom Philosophen Nicholas Shackel beschrieben, ist das Motte-und-Bailey-Argument ein argumentativer Fehlschluss. Es ist nach einer mittelalterlichen Burganlage benannt.
Dabei wechselt der Argumentierende zwischen zwei verwandten Positionen hin- und her. Die «Bailey»-Position stellt dabei eine kontroverse, oft provokative Aussage dar, während die «Motte»-Position eine abgeschwächte, leichter zu verteidigende Version ist.
Wie Manipulation durch Positionswechsel funktioniert
Diese Taktik ist eine Form der Manipulation. Denn nach dem Rückzug auf die «Motte»-Position kann der Manipulator immer behaupten, dass seine ursprüngliche Position nicht widerlegt worden sei, solange die abgeschwächte Version nicht entkräften werden konnte.
Die Taktik zielt darauf ab, schlussendlich die Zustimmung zu einer umstrittenen Idee zu gewinnen, indem sie diese mit einer weniger umstrittenen Idee vermischt. Dies kann besonders in politischen Debatten problematisch sein, wo klare und ehrliche Kommunikation entscheidend ist.
Anwendung in politischen Debatten
Politiker nutzen oft provokante Aussagen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Wenn sie dafür kritisiert werden, ziehen sie sich auf eine abgeschwächte, leichter zu verteidigende Position zurück.
Während des Wahlkampfs werden auch gerne weitreichende Versprechungen gemacht. Nach der Wahl werden diese dann auf realistischere, leichter umsetzbare Massnahmen reduziert. Damit kann der Politiker behaupten, die Versprechen eingehalten zu haben.
Beispiele aus verschiedenen Politikbereichen
Ein häufig gehörtes Beispiel betrifft die Migrationspolitik. Ein Politiker könnte zunächst eine sehr strenge Einwanderungspolitik fordern, sich bei Kritik aber auf die Notwendigkeit «kontrollierter Einwanderung» zurückziehen.
Eine weitere Anwendung betrifft die Aussenpolitik. Ein Aufruf zu militärischen Interventionen könnte bei Widerstand zu Forderungen nach verstärkten diplomatischen Bemühungen umformuliert werden.
Klimapolitische Forderungen eignen sich ebenfalls gut für diese Argumentationstaktik, da sie oft zwischen radikalen und gemässigten Positionen schwanken. So weicht der Bailey-Position mit der Forderung nach einem Totalverbot des Individualverkehrs der Motte-Position, umweltfreundlichere Verkehrsmittel zu fördern.
Die Verwendung dieser Taktik ist nicht auf bestimmte Personen oder Parteien beschränkt, sondern stellt ein weit verbreitetes rhetorisches Mittel in der politischen Kommunikation dar.
Gefährliche Verzerrung der Realität
Die Beispiele zeigen, wie das Motte-und-Bailey-Argument genutzt werden kann, um Zustimmung für eine kontroverse Position zu gewinnen. Die Gefahr liegt in der Fähigkeit, die Grenzen zwischen Wahrheit und Fiktion zu verwischen.
Dies kann zu einer verzerrten Wahrnehmung der Realität führen und die Fähigkeit des Publikums untergraben, fundierte Entscheidungen zu treffen.
Informationskompetenz als Schlüssel zur Bekämpfung
Es ist wichtig, solche Taktiken zu erkennen. Dazu muss die Öffentlichkeit sich der Manipulationstechnik bewusst sein und sie kennen. Eine präzise Sprache und das Beharren auf klaren Definitionen können helfen, das Motte-und-Bailey-Argumente zu entlarven.
Es ist zudem wichtig, kritisch zu denken und die Argumente, die in öffentlichen Diskursen präsentiert werden, genau zu analysieren. Dafür ist Informationskompetenz zentral. Es gilt dieser Form der Manipulation entgegenzuwirken, indem die ursprüngliche Aussage klar identifiziert und der Diskussionspartner darauf festgelegt wird.