Visionäre Ideen: So stellen sich Veganer die ideale Schweiz vor
Schlachthöfe als Museen, Verhütungsmittel statt Jagd, Fleisch aus dem Labor: Ein Schweizer Tierrechtsverein stellt sich so die vegane Schweiz der Zukunft vor.
Das Wichtigste in Kürze
- Verein Animal Rights Switzerland stellt seine Vision einer veganen Schweiz vor.
- Auf einer Webseite kann man erleben, wie so eine Schweiz aussehen könnte.
- Die Vision deckt alle Lebensbereiche ab: von Konsum, Mobilität, Forschung bis Arbeitswelt.
- Das Projekt soll zur Diskussion anregen, ist in der Umsetzung aber (noch) unrealistisch.
Vegane Produkte boomen, die Tierrechtsbewegung wächst und macht in der Politik von sich reden, nicht zuletzt mit dem Achtungserfolg der Initiative gegen Massentierhaltung.
Mit einem neuen Projekt gehen die Tierschützer nun noch einen Schritt weiter. Mit dem Projekt «vision-tierfreundliche-schweiz.ch» zeigt der Verein Animal Rights Switzerland, wie eine vegane Schweiz aussehen könnte.
Die Inhalte haben die Aktivisten aus verschiedenen Bereichen der Wissenschaft und öffentlichen Diskussion zusammengetragen. Dazu gehören auch viele futuristische und ungewöhnliche Ideen.
Das sind nur sechs dieser visionären Ideen:
Fleisch und Milch kommen aus dem Labor, ansonsten wird pflanzlich gegessen
Dank der Technik der «Präzisionsfermentation» werden Milchprodukte und Fleisch bald im Labor hergestellt. Fleisch von Tieren wird so zu einem veralteten Luxusgut – und die Produktion wird man ganz einstellen
Schlachthöfe sind zu Museen und Markthallen umfunktioniert
In Schlachthöfen wird in der Zukunft niemand mehr geschlachtet. Die ehemaligen Gebäude werden umgenutzt und etwa als Markthalle oder Museum gebraucht, wo über die Gräueltaten von früher informiert wird.
Fischerei-Vereine fischen nach Abfall statt Fischen
Ohne Gülle werden Flüsse und Seen sauberer. Statt nach Fischen wird nach Abfall gefischt. Fischereivereine würden Tiere fotografieren und Messungen durchführen.
Tiere haben Grundrechte auf Leben und Unversehrtheit
Das heutige Tierschutzgesetz, das das Töten von Tieren und Gewalt an ihnen erlaubt, wird früher oder später überarbeitet: So verfügen Tiere in der Zukunft über Grundrechte. Tieranwälte schauen dann, dass diese umgesetzt werden und setzen sich vor Gericht für sie ein.
Lederprodukte sind aus Pilz und Apfel statt aus Tierhaut
Die Berufe des Schneiders und der Schuhmacherin kehren zurück. Statt tierische und erdölbasierte Bestandteile werden Materialien aus Kork, Pilz und Äpfel verwendet – Produkte aus Wolle oder Leder werden so gut wie verschwinden.
Verhütungsmittel für Tiere statt Jagd
Falls trotz Wildtierübergängen Bestandeskontrolle nötig sein sollte, wird man tierfreundlich mit Verhütungsmitteln für Tiere arbeiten. Jagdvereine werden keine Tiere mehr töten, sondern Führungen organisieren und Rehkitze vor Mähmaschinen retten.
Ziel: Diskussion anregen
«Mit unserem Projekt wollen wir eine Diskussion darüber anregen, wie eine tierfreundliche und somit vegane Zukunft aussehen könnte», so Céline Schlegel, stv. Geschäftsleiterin von Animal Rights Switzerland.
«Es geht uns dabei im ersten Schritt nicht um Realpolitik, sondern darum, die Vorstellungskraft anzuregen.» In der öffentlichen Diskussion werden Tierschutzanliegen oft mit Verboten und Zwängen in Verbindung gebracht. Mit diesen Projekt wollen die Tierschützer auch zeigen, dass eine tierfreundliche Zukunft auch etwas Kreatives und Positives sei, auf das wir uns freuen können.
Noch weit von der Vision entfernt
Realität werde die Vision jedoch frühestens in einigen Jahrzehnten. Denn aktuell sei die Schweiz noch meilenweit von der Vision entfernt: Allein im letzten Jahr wurden hierzulande über 84 Millionen Tiere für Fleisch getötet.
«Die Vision umzusetzen geht nicht von heute auf morgen. Es ist schon viel erreicht, wenn wir uns eingestehen, wie weit wir von einem gewaltlosen Zusammenleben mit Tieren noch entfernt sind,» sagt Schlegel gegenüber Nau.ch.
Das sind doppelt so viele wie noch vor 20 Jahren. «Die Schweiz wird bisher tierfeindlicher statt tierfreundlicher. Es ist höchste Zeit, dass wir uns mit der Frage auseinandersetzen, wie eine tierfreundliche Zukunft überhaupt aussehen könnte.»
Die Vision sei ein wichtiger Anhaltspunkt dafür, in welche Richtung sich die Schweiz in den kommenden Jahren verändern soll.
Als nächstes wollen die Aktivisten ihre Vision an Politiker, Forschende und Firmen schicken. Auch an solche, die mit der Vision nicht einverstanden sein dürften – etwa an Vertreter der Fleisch-, Eier- und Milchindustrie.
Ziel ist es laut Schlegel, die Ideen unter die Leute zu bringen und in einen Dialog zu treten.«Auch Kritik kann uns dabei helfen, unsere Vision zu verfeinern und weiterzudenken.»
Auf Nachfrage von Nau.ch ergänzt sie: «Dann braucht es eine breite Bewegung von Menschen, die die tierfreundliche Schweiz der Zukunft aufbauen wollen. Erst mit politischer Schlagkraft lassen sich die Strukturen verändern, die heute Fortschritte verhindern.»
Wer die Vision unterstützen will, fängt am besten bei sich selbst an: «Konsumiert man wenige oder am besten gar keine Tierprodukte, lebt man schon ein bisschen in der tierfreundlichen Zukunft», schliesst sie.