Vegan Innovation: So wird in Zukunft Käse ohne Kuh hergestellt
Wer sich vegan ernährt, kennt das Problem: Die meisten Käsealternativen kommen nicht an das Original ran. Doch Experten prophezeien eine Lebensmittelrevolution.
Das Wichtigste in Kürze
- Präzisionsfermentation ist ein sehr effizienter Prozess, um Proteine herzustellen.
- Es können Produkte wie Milch und Käse in Gärtanks produziert werden.
- Dadurch werden weniger Ressourcen benötigt als bei der konventionellen Tierhaltung.
- Das macht die daraus entstehenden Produkte umwelt- und klimafreundlicher.
Milch enthält eine magische Zutat: Caseinprotein. Es sorgt für den guten Geschmack von Käse. Und es macht, dass Käse schmilzt und Fäden zieht. Zudem löst Casein nach der Verdauung ein wohliges Gefühl im Körper aus.
Aber diese für den Käsegenuss entscheidende Zutat gibt es nur in tierischer Milch. Das heisst: Kein Käse, der vegan ist, enthält Casein und keine pflanzliche Alternative kann das gleiche Genusserlebnis bieten wie das tierische Produkt.
Kein Wunder also, dass man immer wieder hört: «Ich würde gerne vegan essen, aber ich kann nicht auf Käse verzichten!»
Nun scheint es jedoch, als hätten findige Start-ups den Code für tierfreies Casein geknackt. Und das mit einer alten Technik: Fermentation.
Alte Technik, neues Verfahren
Fermentation kennen wir, um Lebensmittel zu konservieren oder um Brot, Bier oder Kimchi herzustellen. Ein verfeinertes Verfahren davon ist die Präzisionsfermentation.
Dabei nutzt man die Geninformation von Tieren, zum Beispiel Kühe, um gezielt Proteine – wie Casein – herzustellen. Dafür wird in eine Mikroflora, bestehend aus Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen oder Hefe, das genetische Material des Tieres eingeführt.
Die Mikroorganismen ernähren sich von pflanzlichen Nährstoffen und wandeln diese in ein spezifisches Protein um. Dieser Prozess ist vergleichbar mit der Verwandlung von Zucker zu Bier durch Hefe während des Brauens.
Schliesslich werden die Proteine mit anderen Zutaten wie pflanzlichen Fetten kombiniert und zu veganen Produkten weiterverarbeitet.
Das Endprodukt basiert also tatsächlich auf der DNA von Kühen, ohne Tier zu enthalten.
Experten prophezeien eine Lebensmittelrevolution
Die Technologie hat das Potenzial, die Art und Weise, wie wir Proteine herstellen und konsumieren, zu revolutionieren. Das Nährstoffprofil und die Geschmacks- und Texturqualität könnten bisherige Alternativprodukte in den Schatten stellen.
Aber nicht nur das: «Mikroorganismen sind bis zu 20 Mal effizienter als Kühe bei der Umwandlung von Futter in Nahrung.» Dies schreibt das deutsche Start-up Formo, welches die Fermentation zur Gewinnung von Käse nutzt. Somit ist diese Technik in der Lage, die Herstellung konventioneller tierischer Produkte zu unterbieten.
Auch die Treibhausgas-Emissionen und der Wasserverbrauch sind im Vergleich zu traditioneller Milch geringer. Das macht die Endprodukte deutlich umwelt- und klimafreundlicher.
Noch sind Lebensmittel, die durch Präzisionsfermentation hergestellt wurden, bei uns nicht für den Verkauf zugelassen. Mit der Markteinführung ist schätzungsweise in den nächsten zwei bis drei Jahren zu rechnen.
Dann kann Fermentation zu einer Schlüsselkomponente bei der Umstellung auf ein nachhaltiges Ernährungssystem werden.
Nau Vegan
Im Rahmen der Serie «Nau Vegan» schreibt Mirjam Walser Beiträge zum Thema Veganismus. Als Gründerin der Vegan Business School und langjährige Veganerin ist sie Expertin für Veganismus und den veganen Markt.