Der Spass am Schund
Schlechte Filme sind für viele Leute Müll, andere sehen darin eine Kunstform. Was macht die Faszination daran aus?
Das Wichtigste in Kürze
- Die Welt des Trashfilms ist manchmal schrecklich und schön zugleich.
- Viele schlechte Filme werden mit wenig Budget und geringem Talent abgedreht.
- Ein gelungener schlechter Film besticht unter anderem durch seine unfreiwillige Komik.
Der französische Kritiker und Filmemacher François Truffaut hat in einem Essay sinngemäss geschrieben: «Es gibt keine schlechten Filme, nur gute oder schlechte Regisseure.» Diese Aussage ist nicht ganz richtig, denn die Qualität liegt nicht nur in den Händen des Erschaffers. So kann ein Regisseur zwar gute Absichten haben, trotzdem aber aufgrund externer Umstände famos scheitern.
Im Verlaufe der Kinogeschichte wurden viele Machwerke gedreht, welche für den Zuschauer eine Geduldsprobe darstellen. Man sollte es in diesem Fall allerdings nicht so ernst nehmen und die eigene Sichtweise dem Gezeigten anpassen.
Die Bestandteile für eine zukünftige Perle
So entpuppen sich vermeintliche Gurken als heimliche Stimmungsmacher und mausern sich gar über die Jahre zum Kult. Eines der ältesten Beispiele ist «Reefer Madness» aus dem Jahre 1936. Ursprünglich wurde er von kirchlichen Gruppen finanziell unterstützt und sollte der Bevölkerung als Warnung vor dem Konsum von Cannabis dienen. Durch zahlreiche Falschaussagen («Cannabis ist gefährlicher als Opium!») wurde der Film jedoch über den Lauf der Zeit zu einem der bekanntesten frühen Vertretern des Trashfilms.
Doch wie entsteht eigentlich ein «Best Worst»-Paradebeispiel? Oftmals werden sie von einem Regisseur gemacht, der zwar über viel Ambition verfügt, sich aber aufgrund seiner Unfähigkeit überschätzt. Meistens entstehen solche Werke mit wenig Budget und unbekannten Darstellern. Ein ideales Exempel ist «Plan 9 aus dem Weltall». Bis heute wird der 1959 erschienene Science-Fiction-Streifen von Ed Wood zu den schlechtesten Filmen aller Zeiten gezählt. Obwohl der Film mit Bela Lugosi («Dracula») über einen bekannten Schauspieler verfügt, geht so ziemlich alles schief. Die Kostüme sehen äusserst billig aus, viele Dialoge animieren zum Kopfschütteln und auch die Handlung ist wenig stringent erzählt.
Ein gelungener schlechter Film überdauert die Zeit, wenn er mit unfreiwilliger Komik und memorablen Szenen auftrumpfen kann. Anders sieht es bei gewolltem Trash aus. So ist die neuzeitliche «Sharknado»-Reihe dem breiteren Publikum ein Begriff.
Allerdings handelt es sich hier lediglich um eine Abzocke, welche dem Publikum einen schlechten Film vorgaukeln möchte. Hier findet sich keine ungewollt grosse Ambition, sondern reines Kalkül vonseiten der Produktionsfirma Asylum. Die Filme sehen zwar schlecht aus und sind bewusst holprig gespielt, langweilen aber auch durch diese inszenierte Übertreibung. Dasselbe gilt auch für sogenannte Mockbuster wie «Titanic 2» oder «Transmorphers».
«Scheissfilme» unterhaltsam kommentiert
Missratene Machwerke kommen aus allen Ecken der Welt, wie beispielsweise der Türkei. Ihre Anhängerschaft siedelt sich dabei vermehrt im angelsächsischen Raum an. In England und den USA führen diverse Kinos und Vereine die unterschiedlichsten Werke aus der Filmgeschichte auf. So bringt beispielsweise der «Bristol Bad Film Club» im Vereinigten Königreich diverse Streifen verschiedenster Qualität auf die Leinwand.
Für den Heimkinomarkt gibt es eine Reihe an ausländischen Firmen, welche mit unglaublicher Leidenschaft und Akribie diverse Perlen und unbekannte Schätze wieder veröffentlichen. Stellvertretend seien hier die englischen Labels Arrow Video sowie 88 Films genannt. Für ihre Blu-rays graben sie teilweise tief in den Archiven, um das Material zu restaurieren. Informative Extras wie Interviews oder Dokumentationen runden ihre Veröffentlichungen ab.
In Amerika gab es bereits von 1954 bis 1955 mit «Vampira» eine Fernsehsendung, welche sich den obskureren B-Filmen widmete. Das bekannteste Format in dieser Richtung ist das «Mystery Science Theater 3000» (kurz «MSTK3000») aus dem Jahre 1988. Die Grundidee ist einfach: Ein schlechter Film wird von einem Darsteller sowie zwei synchronisierten Puppen mit lakonischen Sprüchen kommentiert.
Die Sendung kommt bislang mit Unterbrüchen auf insgesamt zwölf Staffeln. Das Konzept wurde auch für das deutsche Format «Die schlechtesten Filme aller Zeiten» («SchleFaZ», auf Tele 5) adaptiert. Dort kommentieren Oliver Kalkofe und Peter Rütten ausgewählte «Scheissfilme».
Gemeinsamer Spass im Kino
In der Schweiz sieht es dagegen eher trist aus. Trash verirrt sich hier nur selten in den Kinosaal, wenn überhaupt nur in Form von Hochglanz-Berieselung wie dem x-ten «Transformers»-Blechschaden. Es gibt eine Ausnahme in Form der Kultmoviegang, einer kleinen Gruppe von Cineasten aus Bern. Sie nehmen sich dem Thema mit Freude an. Ihr Gründer Ronny Kupferschmid betreibt seit drei Jahren einen Blog mit Filmkritiken und bringt parallel dazu unter dem Motto «Best Worst» jeden Monat einen selbst ausgesuchten Film ins Kino.
Die Auswahl reicht von «Birdemic» bis zu «The Room». Seit einiger Zeit frönt die Gang auch dem «Best Kult» und führt Liebhaber-Titel wie «Predator» auf. Die Intention dahinter dient dem gemeinsamen Spass. Es stehen nicht nur spezielle Filme auf dem Plan, sondern auch ein besonderes Erlebnis. Statt stillschweigend und Süssigkeiten knabbernd im Sessel festzukleben, werden die Zuschauer ins Geschehen eingebunden und dürfen sich jederzeit lautstark zu Wort melden.
Dadurch entsteht ein Gemeinschaftsgefühl nach dem Motto «Mittendrin statt nur dabei». Vor Beginn der Aufführung werden Anleitungen verteilt, die als eine Art Drehbuch für den Zuschauer dienen. Musik wird aufgelegt und an der Bar ein thematisch passender Shot angeboten. Wer will, kann sich also ein wenig Mut für das bevorstehende filmische Grauen antrinken.
Zehn Empfehlungen zum Einstieg:
• «Plan 9 from Outer Space» | Ed Wood | USA, 1959
• «Pieces» | Juan Piquer Simón | Spanien, 1982
• «Rats: Night of Terror» | Bruno Mattei | Italien, 1984
• «Macho Man» | Alexander Titus Benda | Deutschland, 1985
• «Rawhead Rex» | George Pavlou | Irland, Grossbritannien, 1986
• «Miami Connection» | Richard Park und Y.K. Kim | USA, 1987
• «Troll 2» | Claudio Fragasso | Italien, USA, 1990
• «Riki-Oh: The Story of Ricky» | Lam Nai-Cho | Hong Kong, 1991
• «Samurai Cop» | Amir Shervan | USA, 1991
• «Fateful Findings» | Neil Breen | USA, 2013