Die Kultmoviegang zeigt The Sword and the Claw im Kino
Das Wichtigste in Kürze
- Die Türkei gehörte für eine lange Zeit zu den produktivsten Filmindustrien.
- «The Sword and the Claw» ist ein Beispiel für das damalige Kino: Simpel aber kurzweilig.
- Diesen Freitag, den 26. Oktober, wird der Abenteuerfilm im CineClub in Bern aufgeführt.
Beim Thema Filmindustrie denkt man zuerst an Hollywood und Bollywood. Dabei wird oft vergessen, dass die Türkei von den 1960er- bis zum Ende der 1970er-Jahre eine ungeheure Anzahl an Machwerken veröffentlichte. Die in Istanbul zentrierte Yeşilçam-Filmindustrie gehörte zu den drei grössten der Welt. Der Regisseur Cem Kaya hat in seiner sehenswerten Dokumentation «Remake, Remix, Rip-Off» einen umfangreichen Einblick in die Hintergründe rund um das türkische Kino gewährt.
Viele Filme wurden schnell und billig produziert. Sie dienten als Opium fürs Volk, welches massenhaft in die Lichtspielhäuser strömte. Man schaute sich dabei vieles von den Amerikanern ab. Die Handlungen waren simpel gestrickt. Inhalte wie Rache, Romantik oder Humor waren ein Dauerbrenner. Ganze drei Drehbuchautoren zeichneten sich für die Geschichten verantwortlich. Politische Unruhen und die Popularität des Fernsehens drängten Yeşilçam ins Abseits. Ungefähr ab dem Jahr 1991 war das Studio ein Schatten seiner Selbst.
Der 1975 erschienene «The Sword and the Claw» (Alternativtitel: «Lionman») vom Regisseur Natuk Baytan ist ein Beispiel aus der Blütezeit. Er ist in diesem Jahr vom American Genre Film Archive (AGFA) restauriert und auf einer regionfreien Blu-ray veröffentlicht worden.
Dreist zusammen geklaute Handlung
Der Kommandant Antoine (Yildrim Gencer) tötet seinen Rivalen König Solomon (Cüneyt Arkin) in einer erbitterten Schlacht. Antoine zwingt dessen schwangere Liebschaft Maria (Nazan Adali) zur Zwangsheirat. Sie flüchtet vor ihm, wird aber kurz darauf von den Schergen Antoines getötet. Ihr Kind wird von Löwen aufgezogen. Viele Jahre später sinnt der «Lion Man» (erneut Arkin) auf Rache.
Der Film ist sprunghaft erzählt und verwurstelt dreist diverse Einflüsse. Mal kommt eine günstige Version von «Tarzan» um die Ecke, vermischt mit Elementen aus «Robin Hood» und beliebten Historienfilmen wie «Lawrence von Arabien». Dank der günstigen Ausstattung, einer unfreiwillig komischen englischen Synchronisation plus dem grosszügigen Einsatz von versteckten Trampolinen bei den Kampfszenen, wird dem Zuschauer ein trashig-charmantes Vergnügen geboten.
Wenig Budget und reisserisch inszeniert
Diese Filmart wird im englischsprachigen Raum als «Turksploitation» bezeichnet. Das Wort wird als Synonym für die türkischen Exploitation-Streifen verwendet. Dabei bediente man sich bei westlichen Erfolgsrezepten. So entstanden Versionen von «Rambo», «Der Zauberer von Oz», «Spider-Man», «Der Exorzist» und vielen mehr. Sie wurden teils unter gefährlichen Bedingungen mit wenig Geld inszeniert. Die Darsteller mussten ihre Stunts selber machen und zogen sich oft Verletzungen zu.
Am bekanntesten dürfte «The Man Who Saves the World» alias «Turkish Star Wars» sein. Dort haben die Produzenten ganzes Filmmaterial aus dem Vorbild sowie weiteren Kinofilmen wie beispielsweise «Das schwarze Loch» direkt eingefügt. Dazu erklingt Musik aus Filmen wie «Indiana Jones» oder «Der weisse Hai».
Weil damals die Hollywood–Filme in der Türkei nicht urheberrechtlich geschützt waren, konnten sich die Macher aus solchen Fremdmaterialien ungeniert bedienen. Ebenso wurden viele Darsteller in mehreren Produktionen eingesetzt. So spielt beispielsweise Arkin sowohl im türkischen Sternenkrieg als auch in «The Sword and the Claw» mit. Seine Vita zählt über viele Jahre verteilt mehr als 320 Rollen.
Kinovorführung in Bern
Am Freitag, den 26. Oktober 2018, wird «The Sword and the Claw» von der Kultmoviegang im CineClub um 20:45 Uhr in der englischen Sprachfassung gezeigt. Die Trash-Enthusiasten aus Bern führen seit drei Jahren jeweils einmal im Monat einen ausgewählten Film auf - unter dem Motto «Best Worst» beziehungsweise «Best Kult».
Der gemeinsame Spass im Kino steht dabei im Vordergrund. Bevor es losgeht, wird ein Rahmenprogramm in Form eines Wettbewerbs und passenden Spezial-Shots geboten. Wer mit guten Gelenken ausgestattet ist, kann um die Wette springen und gewinnen - analog zum «Lion Man» im Film.