Ein aufstrebender Regisseur hat mit 114'000 Dollar einen kleinen Horrorfilm gedreht. Das Ergebnis übt bis heute eine weltweite Faszination aus.
«Die Nacht der lebenden Toten» wurde mit bescheidenen Mitteln inszeniert und hat einen immensen Einfluss auf die Populärkultur ausgeübt.
«Die Nacht der lebenden Toten» wurde mit bescheidenen Mitteln inszeniert und hat einen immensen Einfluss auf die Populärkultur ausgeübt. - Films sans Frontières

Das Wichtigste in Kürze

  • Am 1. Oktober 1968 feierte «Die Nacht der lebenden Toten» ihre Kino-Premiere.
  • Das Spielfilmdebüt von George A. Romero hat grosse Spuren hinterlassen.
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Untote, welche sich stöhnend aus ihren Gräbern erheben, sorgen heutzutage kaum für Begeisterungsstürme. Vor vielen Jahren, als das Publikum noch nicht mit Filmen, Videospielen und Serien zu diesem Thema überschwemmt wurde, galten sie als seltener Anblick auf der Leinwand. Die Gestalten erschienen bereits früh in Streifen wie «White Zombie» (1932) oder «I Walked with a Zombie» (1943). Die heutzutage bekannte Definition dieser Kreatur wurde aber 1968 mit «Die Nacht der lebenden Toten» (Originaltitel: «Night of the Living Dead») im öffentlichen Bewusstsein etabliert. 

Der ausserhalb von Pittsburgh gedrehte Film wurde mit geringen Mitteln in schwarz-weiss realisiert. Zuerst jedoch geriet der Film fast in Vergessenheit. Erst einige Aufführungen in den USA und Frankreich weckten das Interesse der heimischen Zuschauern. Damit wurde der Film vor der drohenden Versenkung gerettet. Er entpuppte sich im Mitternachtsprogramm als Kassenerfolg (weltweites Einspielergebnis: über 30 Millionen Dollar) mit nachhaltender Wirkung.

Ein Land im Ausnahmezustand

Barbara (Judith O'Dea) fährt mit ihrem Bruder Johnny (Russell Streiner, einer der Produzenten) zum Grab der Eltern. Daraufhin werden die beiden von einem verwirrten Mann angegriffen. Johnny wird getötet, Barbara kann flüchten. Sie findet ein abgelegenes Farmhaus und trifft dort auf Ben (Duane Jones) und weitere Menschen. Übers Radio und Fernsehen findet die Gruppe heraus, dass sich das Land im Ausnahmezustand befindet. Alle wappnen sich für den Überlebenskampf, dabei entstehen interne Zwistigkeiten. 

Der Mann hinter diesem Streifen heisst George Andrew Romero. Der Regisseur drehte zusammen mit Freunden diesen kleinen Film. Dabei ging es ihnen nicht um plakativen Horror. Romero interessierte sich mehr dafür, was die Menschen mit der Bedrohung anstellen würden. So setzen sie sich ohne zu zögern gegen einstige Freunde, Nachbarn oder Arbeitskollegen zur Wehr. Damals war die amerikanische Bevölkerung von den Auswirkungen des Vietnamkriegs geprägt. Einige sahen in «Night of the Living Dead» eine Allegorie darauf. Im Film selbst finden sich jedoch keine expliziten Rückschlüsse auf reale Ereignisse. 

Für weitere Aufmerksamkeit sorgte die Besetzung. Damals waren es sich viele Zuschauer nicht gewöhnt, dass ein Afro-Amerikaner die Hauptrolle in einem von überwiegend mit Weissen besetzten Film spielt. Unbarmherzige Rassenunruhen waren zu jener Zeit in vollem Gange. Die Verpflichtung von Jones wurde deshalb rückwirkend als wegweisend angesehen. Romero hatte damit aber keine gesellschaftlich motivierte Entscheidung getroffen. Seinen Aussagen zufolge war er beim Vorsprechen einfach die überzeugendste Person und erhielt deshalb die Rolle. 

Das Nachbeben und die Nachzügler

Die Bedrohung wurde im Film auch nicht mit dem Wort «Zombie», sondern als «Ghouls» benannt. Dafür nahm man einiges vorweg: Die langsame Gangart, die sichtbare Verwesung des Körpers sowie die Lust auf (Menschen)-Fleisch. Romero gab zu, dass die Idee zu seiner Geschichte vom Roman «I Am Legend» von Richard Matheson inspiriert war. Dort ging es allerdings um Vampire. 

George A. Romero hat sich mit seinem filmischen Schaffen unsterblich gemacht.
George A. Romero hat sich mit seinem filmischen Schaffen unsterblich gemacht. - Keystone

Es dauerte ein paar Jahre, bis die Zombie-Welle weltweit ausbrach. Diese nahm 1978 nach «Dawn of the Dead» (ebenfalls von Romero) mächtig Fahrt auf. Romeros bester Beitrag zum Zombie-Genre, das nihilistisch geprägte Kammerspiel «Day of the Dead» aus dem Jahre 1985 wird bis heute unterschätzt. Neben den Amerikanern haben sich besonders die Italiener fleissig gezeigt. 

Die Qualität ihrer Werke schwankt dabei heftig. Während beispielsweise ein Lucio Fulci mit «Woodoo - Die Schreckensinsel der Zombies» beachtliche Kost abliefert, dürften spassige Trash-Granaten wie «Die Hölle der lebenden Toten» von Bruno Mattei bei Feinschmeckern durchfallen. Zusätzliche Informationen über das sogenannte Kino aus der zweiten Reihe findet man bei den Spezialisten der Kultmoviegang.

Die Untoten leben weiter

Im Jahre 1990 drehte der Effekt-Spezialist Tom Savini das gleichnamige Remake von «Night of the Living Dead» in Farbe und mit anderen Darstellern. Dabei hielt er sich akribisch an die Vorlage seines Freundes Romero. Weitere Umsetzungen und Neugestaltungen (beispielsweise in 3D) folgten. Dazu gesellten sich unzählige Heimkino-Veröffentlichungen des Originals, das unter anderem auch mit einer Farben-Kolorierung ausgestattet erschien.

Im Februar 2018 ist eine neue Restaurierung im Rahmen der Criterion-Collection auf DVD sowie Blu-ray herausgekommen. Das Label spezialisiert sich auf zeitgenössische Klassiker und unbekannte Perlen. Das Museum of Modern Art und The Film Foundation haben eine 4K-Restaurierung vorgenommen, welche sich sehen lässt. Anlässlich des Jubiläums wird «Night of the Living Dead» in diversen amerikanischen Kinos gezeigt.

In diesem Jahr erhielt «Die Nacht der lebenden Toten» eine wunderbare Veröffentlichung fürs Heimkino. «They're coming to get you, Barbara!».

Das Vermächtnis

Romero starb am 16. Juli 2017 in Toronto. Sein Einfluss wirkt bis heute nach, obwohl er zeitlebens nicht zum grossen Studiosystem gehört hat. Regisseure wie John Carpenter («Assault on Precinct 13»), Marc Forster («World War Z»), Edgar Wright («Shaun of the Dead») oder James Gunn («Guardians of the Galaxy») haben sich von seinen Werken beeinflussen lassen. Zahlreiche Imitationen wollten finanziell von der Zombie-Euphorie profitieren. Beliebte Serien wie die «Simpsons» haben Referenzen auf die Filme eingebaut. Andere liessen sich von der Unabhängigkeit Romeros anstecken, nahmen eine Videokamera in die Hand und versuchten sich als Regisseure. Eine Auflistung aller Hommagen und Neuauflagen würde den Rahmen sprengen.

Angeblich soll der Regisseur bis zu 50 Drehbücher und einen fertiggestellten Film hinterlassen haben. Dies gab seine Frau Suzanne Desrocher-Romero kürzlich zu Protokoll. Das bislang unveröffentlichte Werk wurde bereits 1973 gedreht. Nur wenige Leute hätten es bislang gesehen. 

In nächster Zeit soll der Film für die Öffentlichkeit in restaurierter Form zugänglich gemacht werden. Er drehe sich um Altersdiskriminierung. Zombies kämen darin aber keine vor. Desrocher-Romero erwähnte zudem, dass sich ein Projekt namens «Road of the Dead» in der Mache befinde. 

Romero mag nicht mehr unter uns weilen, seine Visionen und Schöpfungen leben dennoch weiter.

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