Tinder-Serie: «Soll ich dich ins Homeoffice ablenken kommen?»
Die Bernerin Tina* ist neu auf der Dating-Plattform von Tinder. Die 25-Jährige berichtet über ihre Dates. Heute baggert Benno*, was das Zeug hält.
Das Wichtigste in Kürze
- Tina* ist 25 Jahre alt und seit Kurzem wieder Single.
- In der fünften Folge gab es für Dan* leider kein Date.
- Der neue Tinder-Mann Benno* baggert unablässig. Ob er Erfolg haben wird?
Für Dan*, «den Dümmlichen» gab es in Folge 5 leider keine Rose. Stattdessen gebe ich Tinder-Mann Benno* eine Chance. Seit ich mir die Dating-App installiert habe, scharrt Benno unablässig an meiner imaginären Tinder-Haustür. Wie ein hungriger alter Kater, der endlich in diese verdammte Wohnung eintreten will.
Täglich poppen auf meinem Handy Nachrichten von Benno auf. Unzählige, seit nunmehr drei Wochen. Unsere Kommunikation ist nicht wirklich ernst. Immer wieder glänzt Benno mit plumper Anmache. «Soll ich dich zu Hause im Homeoffice ablenken kommen?» oder ähnlich geniale Ideen.
«Fahr doch schon mal zu mir nach Hause»
Nach 14 Tagen Baggern kriegt mich Benno rum. Ich bin neugierig und will wissen, wer dieser ausdauernde Typ ist. Ein kurzes Kennenlernen muss sein, bevor es zu anderen Aktivitäten kommt. Ich warte in der Berner Innenstadt, als Benno strahlend auf mich zukommt. Er ist grösser als gedacht. Wir holen uns einen Kaffee to go und schlendern die Altstadt runter.
Benno ist in Realität so ernst zu nehmen, wie seine Whatsapp-Nachrichten: also überhaupt nicht. Aber oh Wunder, wir verstehen uns super! 90 Prozent unseres Gesprächs bleiben der Ironie vorenthalten. Nur ab und zu wird es ernst und kurz still.
Irgendwann sind wir beim Rosengarten angelangt – einer meiner Lieblingsorte in Bern. «Viel zu romantisch», meint Benno. Und doch macht er mit seinem Handy einen kurzen Schnappschuss von der Aussicht. Wir setzen uns auf ein Bänkli und spässeln weiter.
Er sei nicht so der Typ für etwas Festes. Was für eine Überraschung! Als hätte ich das nicht schon bemerkt. «Für dich kann ich mich ändern, Tina», sagt Benno und versucht ernst zu werden. «Erzähl keinen Scheiss», antworte ich. Denn ich weiss, dass alles auf ein «Gschleipf» hinausläuft – belanglosen, wilden Sex.
Heute geht Benno aber leer aus. Zurück in der Innenstadt verabschiede ich mich von ihm. «Fahr doch schon mal zu mir nach Hause, ich komme gleich nach», schlägt er vor. Netter Versuch.
Kaffee war der Plan
In den folgenden Tagen schreiben wir uns täglich. Weitere plumpe Anmach-Versuche, schlüpfrige Witze – und dann artet das ganze plötzlich in Sexting aus. Keine unangemessenen Dick-Pics, nur anzügliche Texte, die das Kopfkino in Gang bringen. Eine ganz neue Erfahrung für mich! Und ein erster Teaser auf das, was bei unserem zweiten Date geschehen sollte.
Auf den Tag genau vor zwei Monaten hat mein Ex mich verlassen. Das fällt mir ein, als ich mein Auto in der Nähe von Bennos Haus parkiere. Wir hatten uns um 9.30 Uhr zum Kaffee verabredet. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich von Benno nicht mehr wollte als nur Kaffee.
«Ich besorge uns beim Bäcker noch was zum Frühstück. Falls du Hunger haben solltest», schrieb er mir, als ich unterwegs war. Hunger habe ich tatsächlich. Und ich bin hundemüde und verdammt nervös. Benno führt mich zuerst in seiner WG herum und wir bleiben irgendwann in der Küche hängen. Kaffee war der Plan. War.
Irgendwann steige ich erschöpft und zufrieden unter Bennos Dusche. Er ist es, der den Bann gebrochen hat. Nun bin ich befreit von allen mentalen Schranken, die ich mir selbst auferlegt habe. Während das heisse Wasser auf mich niederprasselt, sammelt Benno meine Kleidung in der Wohnung zusammen. Er legt sie mir inklusive Handtuch neben die Dusche und verschwindet wieder.
Ernst oder nicht ernst?
Als er dann wieder in die Küche kommt, gibt es tatsächlich noch einen Kaffee für uns beide. Auch das Frühstück vom Bäcker verschlinge ich gierig. «Ich kann ein Gschleipf nur schlecht organisieren», meint Benno. «Entweder wird es was Ernstes, oder es verläuft früher oder später im Sand.» Ob ich was Ernstes mit ihm will? Überforderung macht sich in meinem Kopf breit.
Ohne wirklich auf diese Aussage zu antworten, stelle ich meine Tasse auf die Küchenablage. Es fühlt sich an, als wäre jetzt die Zeit zum Gehen gekommen. Also schnappe ich mir meinen Mantel, zieh mir die Schuhe an und küsse Benno zum Abschied. Glücklich und mit einem Gefühl der Freiheit verlasse ich seine Wohnung. Und ohne jeden Plan, ob wir uns jemals wiedersehen werden.
Lieber Benno, gut bist du am Ball geblieben. Du hast mir geholfen, mit den Altlasten abzuschliessen.
Wie Karl* mir jeden Nerv raubt, erfahrt ihr morgen in Folge 7. Selbe Zeit, selber Ort.
*Die Namen sind zur Verfremdung der Personen abgeändert
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