Les Sables-d’Olonne: Von Fischern und Weltumseglern
Grosse Gefühle und Segelregatten um den Globus – damit wirbt Les Sables-d’Olonne am Atlantik. Aber auch Fische gibt es reichlich.
Das Wichtigste in Kürze
- Les Sables-d’Olonne an der französischen Biskaya hat eine lange Fischereitradition.
- Das Meeresmuseum im ehemaligen Leuchtturm in La Chaume erzählt eindrücklich davon.
- Bekannter ist Les Sables-d’Olonne heute aber vor allem unter Weltumseglern.
- Hier startet jährlich im September das Golden Globe Race: Soloskipper umrunden die Welt.
Enge verwinkelte Gassen, alte Fischerhäuser, die sich gegen den Wind stemmen, dazwischen der salzige Geruch des Atlantiks.
So präsentiert sich La Chaume, das älteste Stadtviertel von Les Sables-d’Olonne an der Biskaya. Es ist die Heimat des Hochseekapitäns Roland Mornet.
Schon mit 14, kurz nach seinem Schulabschluss, hatte der Nachfahre von Salzbauern auf einem Fischtrawler angeheuert.
Aber kaum hatte das Schiff die schützende Mole hinter sich gelassen, wurde dem Jungen an Deck speiübel, konnte er Himmel und Wasser nicht mehr unterscheiden und fürchtete, seine Mutter nie mehr wieder zu sehen.
Eine Sorge, die nicht von ungefähr kam: «Ich bin schon früh Zeuge von Schiffsunglücken geworden», sagt Mornet heute.
Für immer hat sich das Bild von der weinenden und schreienden Nachbarin in Mornets Gedächtnis gebrannt: Am 7. April 1949 sei das gewesen, er selbst war noch keine vier Jahre alt, als die Nachricht vom Untergang zweier Fischtrawler mit je fünf Mann an Bord die Runde machte und die alte Nachbarin in einem Sturm ihre zwei Söhne verlor.
Die Geburtsstunde der legendären Regatta
40 Jahre später, 1989, holte der Weltumsegler Philippe Jeantot ein Rennen nach Les Sables-d’Olonne, das geradezu selbstmörderisch klang: Soloskipper und eine Weltumrundung um die drei wildesten Kaps der Südhalbkugel – ohne Zwischenstopp.
Die Vendée Globe war geboren, benannt nach dem Department, wo das Rennen nunmehr alle vier Jahre startet und endet – zuletzt im Winter 2020/2021. Und weil sich das wirtschaftlich für die Stadt rechnete, kamen weitere Segelwettbewerbe hinzu. Im Schnitt finden hier zwei bis drei Regatten pro Jahr statt.
«Les Sables d’Olonne wird immer mehr zum Epizentrum des Einhandsegelns», sagt Kristina Müller vom Fachmagazin «Yacht». Das Segeln sei hier überall präsent. «Im Jachthafen liegen spannende Boote und bei jedem grossen Rennen herrscht Volksfestatmosphäre.»
Segeln nach alter Schule
Das Golden Globe Race startet jeweils im September. Das Besondere: Während beim Vendée Globe die neueste Technik zum Einsatz kommt, sind moderne Hilfsmittel hier verboten.
«Die einen zuckeln mit einem VW-Golf und angezogener Handbremse um die Welt. Die anderen nutzen den Ferrari», macht Müller den Unterschied deutlich. Die Skipper, die bei diesem Rennen starten, werden im Juni 2023 wieder an der französischen Westküste zurückerwartet.
Allein mit Sextant, Seekarte und Schutzengel – so ist auch Roland Mornet fast vier Jahrzehnte lang zur See gefahren.
Den Magen an den Rhythmus des Meeres zu gewöhnen, war einfacher als die Orientierung auf offener See nur mithilfe der Himmelskörper. Aber er sei er gut in der «navigation astronomique» gewesen, sagt der Ex-Kapitän.
Der Ärger des Ex-Kapitäns
Sein Wissen hat er in eine Ausstellung im Meeresmuseum im ehemaligen Leuchtturm in La Chaume eingebracht. Einige Exponate hat er gestiftet und erklärt sie auch persönlich den Besuchern, wenn er vor Ort ist.
«Seeabenteuer gibt es nicht erst seit dem Vendée Globe», sagt Mornet. Die starke Ausrichtung Les Sables-d’Olonnes auf die Segler ärgert ihn bisweilen. Sie werden in der Stadt gefeiert wie Stars, während die Seeleute eher als Trunken- und Raufbolde gelten.
«Jachten ziehen mehr Menschen in den Bann als Fischfang und Segelrennen sind in Mode», konstatiert Mornet.
Dabei ist Les Sables-d’Olonne auch Frankreichs drittwichtigster Umschlagplatz für den Fisch. Die Fischer leben allerdings in der Regel nicht mehr in dem alten Stadtviertel zwischen Hafen und Meer.