Macht Lust auf Me(e)hr: Wein aus Dänemark
Aus dänischen Trauben kann man nur sauren Plunder produzieren? Im ländlichen Seeland – westlich von Kopenhagen – entstehen prämierte Weine. Ein Ortsbesuch.
Das Wichtigste in Kürze
- In Dänemark, im Nordwesten Seelands, blüht der Weinbau.
- Lange Sonnenstunden und gute Böden bieten optimale Voraussetzungen.
- Die Trauben werden speziell für das kühlere, feuchtere Klima gezüchtet.
- Viele Winzer sind Quereinsteiger – der Anbau begann erst 1995.
Die dänische Halbinsel Røsnæs zeigt sich überwiegend flach, von einigen wenigen Hügeln abgesehen.
Getreide ist das vorherrschende Gewächs, auf den Feldern ist nichts anderes zu sehen als Ähren, die sich im Wind wiegen. Ab und zu mal ein paar Pferde oder Schafe. Und alle paar Kilometer: Weinreben.
Weinreben? Im Nordwesten Seelands? Klar. Sie heissen Solaris, Souvignier gris, Rondo. Alles Trauben, die im kühlen dänischen Meeresklima gedeihen.
«Wir haben lange Sonnenstunden, gute Böden für die Reben und Menschen, die sich an den Weinbau trauen», sagt Carl Stub Trock. Er ist einer von denen, die Trauben gepflanzt haben.
Vier verschiedene Weine verkauft er in seinem alten Steinturm in Kalundborg: einen Schaumwein, zwei weisse und einen Rosé – alle mit Namen aus der Welt der Pferde: Sparkling Stallion, Yellow Yearling, Mellow Mare und Pink Pony.
Denn Stub Trock ist auch ein Züchter – vor allem aber hat er eine lange Karriere in Unternehmen hinter sich und plant auch für andere Winzer das Business.
Vom Schweinezüchter zum Winzer
Für Tom Christensen zum Beispiel, dem der Dyrehøj Vingaard gehört, das grösste Weingut Dänemarks. 2008 hat Christensen die ersten Reben bei Kalundborg gesetzt. Auch er kam aus einem ganz anderen Bereich: Christensen war Schweinezüchter.
Dann wollte er sich verändern. «Ich habe nicht lange überlegt – ich wollte Wein anbauen und habe damit angefangen.»
Offensichtlich hat Christensen einiges richtig gemacht. Seine Weine gewinnen in schöner Regelmässigkeit Preise und verkaufen sich gut. Gerne führen er oder einer seiner Mitarbeiter durchs Gut und erzählen dessen Geschichte.
Spezielle Trauben fürs spezielle Klima
Luca Filannino ist der Kellermeister der Winzerei. Er kommt aus Puglia im Süden Italiens. Filannino hat unter anderem im deutschen Geisenheim studiert und in Italien und Australien gearbeitet – Ländern, die eher süsse Trauben produzieren.
«Die Trauben in Dänemark sind ganz anders als die in den südlichen Ländern», sagt er.
Das Terroir mit dem kühlen Klima zeige sich in der hohen Säure der Weine ebenso wie in den Trauben, die man hier anbaut. Sie werden speziell für das kühlere, feuchte Klima gezüchtet.
«Sie haben ein ganz anderes Aromaprofil als die Trauben, die wir bisher international kennen», sagt Filannino.
Die einzelnen Trauben sind ausserdem nicht so eng aneinander gewachsen wie bei vielen altbekannten Sorten. So kann sich Feuchtigkeit nicht so leicht in den Trauben festsetzen und Mehltau entstehen lassen, der die Reben faulen lassen würde.
Winzerei eher nebenbei
Anders Lejbach pflegt seine Reben-Reihen im Garten hinter dem Haus. Der reicht mehrere hundert Meter bis zur Ostsee.
Røsnæs Vingård heisst sein Unternehmen, das er vom Stiefvater geerbt hat. Der war der erste, der die kühne Idee hatte, in Seeland Wein anzupflanzen. «Er hat gewusst, dass der Boden hier für vieles nicht taugt – für Reben aber schon.» Das war 1995.
Seither ist das Weingut stetig gewachsen. Hauptberuflich macht Anders das Geschäft aber nicht – er ist noch Manager auf einer Fischfarm.
Ökologisch produzierte Tropfen als Erfolgsmodell
Gleich ums Eck sind Lise Hyttel und ihr Mann zu Hause und haben hier ihre Felder mit 16'000 Rebstöcken, in denen ihr Barfod Vin produziert wird.
Ihre Nische: Biodynamische Weine, die den Demeter-Richtlinien entsprechen – und das bedeutet, dass sie im gesamten Prozess vom Anbau der Trauben über die spontane Fermentierung bis hin zur Abfüllung viel zu beachten haben.
«Aber das ist gut so, wir wollen keinen anderen Wein produzieren», sagt Hyttel, die wie ihr Mann viele Jahre in Kopenhagen Architektin war und nun in den Weinanbau eingestiegen ist.
Ihr Ansatz wird schon honoriert, obwohl sie noch nicht lange im Geschäft sind. Einige Sterne-Restaurants in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen am anderen Ende von Seeland servieren Hyttels Weine.
Statt Wein erstmal Cider
An diesen Punkt muss Sofie Saerens mit ihrem Tusen Vin in Holbæk noch kommen. Ihre Winzerei ist ein Corona-Projekt.
«Während der Pandemie haben wir uns auf unserer Farm eingerichtet und die Reben setzen lassen», sagt die studierte Biochemikerin, die in einem grossen Lebensmittellabor in der Hauptstadt angestellt ist.
Bis die Trauben bei Tusen Vin aber endlich so weit sind und Saerens sich an das Keltern machen kann, vergeht wohl noch eine Saison.
In der Zwischenzeit probiert sie sich schonmal an Apfelwein britischer Art, dem Hard Cider. «In der Nachbarschaft leben einige Apfelproduzenten», sagt sie. Von ihnen hat sie Früchte bekommen – und konnte ihre Edelstahltanks bereits befüllen.