Flüchtling macht Praktikum in Engadiner Käserei
Hassan Alzain kommt aus Laos im Sudan. Er ist vor vier Jahren als Flüchtling in die Schweiz gekommen. Nun wird er Käser in der höchstgelegenen Molkerei Europas.
Das Wichtigste in Kürze
- Hassan Alzain kam vor vier Jahren als unbegleiteter Flüchtling in die Schweiz.
- Nun macht er ein Praktikum in einer Molkerei im Engadin.
- Sein Traum ist es, eines Tages in seiner Heimat Sudan Käse aus Kamelmilch zu produzieren.
«Tschau zema», ruft Hassan Alzain laut durch den Lagerraum. Die Begrüssung wird von den Mitarbeitern der Lataria Engiadinaisa SA (Lesa) in Bever GR herzlich erwidert. Der eine oder andere erlaubt sich noch schnell ein Spässchen mit dem 22-jährigen Zwei-Meter-Mann aus dem Sudan. Hassan kam vor vier Jahren als unbegleiteter Flüchtling in die Schweiz. Warum er damals mit 18 Jahren seine Familie und Heimat verlassen musste, weiss auch Beat Klöti, Geschäftsführer der Lesa nicht: «Das ist auch besser so. Hassan konnte bei uns ohne Vorurteile ihm gegenüber mit seinem Praktikum beginnen.»
Der Traum vom Käse aus Kamelmilch
In Graubünden angekommen, konnte Hassan das zehnte Schuljahr in der Schule St. Catharina in Cazis besuchen. Hier absolvierte er als Teil des Ausbildungsprogramms Schnupperwochen in verschiedenen Betrieben – unter anderem bei einem Landwirt in Präz am Heinzenberg. Dort konnte er zum ersten Mal in einer Dorfkäserei zuschauen. Hassan war sofort begeistert und hatte eine Idee.
«Meine Familie und Verwandten im Sudan haben alle Kamele. Als Kind besuchte ich die Tiere oft, um sie zu streicheln und zu melken. Es sind meine Lieblingstiere», erinnert sich Hassan. Kamelmilch sei gerade auf dem Land ein sehr wichtiges Nahrungsmittel, doch es würden kaum Produkte wie Käse oder Schokolade daraus gemacht, das wolle er ändern. «Als ich meinen Eltern von meinem Praktikum erzählte, fragten sie erstaunt was ich denn mit Käse anfangen wolle, ich müsse doch etwas sinnvolles wie Automechaniker lernen» erzählt Hassan und lacht.
Praktikum in der höchstgelegenen Molkerei Europas
Am 1. Juni startete Hassan Alzain sein Jahrespraktikum bei der Lataria Engiadinaisa (Lesa) in Bever, die zum Emmi-Konzern gehört. Die Arbeit mache ihm Spass, aber «in Bever ist es manchmal schon sehr ruhig. Wenn ich spazieren gehe, sehe ich manchmal keinen einzigen Menschen. Das ist komisch für mich, denn Zuhause sind wir in einer Familie schon zwischen 40 und 80 Personen.»
Doch bevor bei Hassan Einsamkeit aufkommt, weiss sich der junge Mann zu helfen. «Er hat bei der Gemeinde Bever angefragt, ob er für das ganze Dorf kochen und alle zum Essen einladen darf», erzählt Lesa-Geschäftsführer Beat Klöti. Die Antwort der Gemeinde steht noch aus. «Ich will mich einfach allen vorstellen, damit die Leute wissen: Ich heisse Hassan und ich bin jetzt hier.»