Berichte: US-Ministerium geht von Entweichen des Coronavirus aus Labor in China aus
Stammt das Coronavirus doch aus einem Labor? Das US-Energieministerium geht mittlerweile davon aus. Doch noch immer gibt es keinen Konsens.
Das Wichtigste in Kürze
- Das US-Energieministerium vermutet, dass das Coronavirus aus einem Labor entwichen ist.
- Die Regierung in Peking reagiert erbost auf den Vorwurf.
Das für die Aufsicht von Laboren zuständige US-Energieministerium geht Medienberichten zufolge mittlerweile davon aus, dass das Coronavirus aus einem chinesischen Labor entwichen ist und die folgenschwere Pandemie auf diese Weise ausgelöst wurde.
Diese Einschätzung sei in einem geheimen Geheimdienst-Report festgehalten, berichteten «Wall Street Journal» und «New York Times» am Sonntag. Das Ministerium hatte demnach bislang in der Frage kein Urteil abgegeben, neige nun aber aufgrund neuer Geheimdiensterkenntnisse der Laborthese zu.
US-Regierungsstellen uneinig
Das US-Energieministerium habe sich der Labor-These mit «wenig Vertrauen» angeschlossen, zitierten «WSJ» und «NYT» Menschen, die den entsprechenden Geheimreport haben. Sie hoben demnach hervor, dass US-Regierungsstellen weiterhin zu sehr unterschiedlichen Einschätzungen zum Ausbruch der Corona-Pandemie kämen.
Der Einschätzung des US-Energieministeriums kommt allerdings besondere Bedeutung zu, da es ein Netzwerk aus US-Laboren beaufsichtigt, darunter Labore für Bio-Forschung. Vor dem Energieministerium war bereits die Bundespolizei FBI zu der Einschätzung gelangt, dass die Pandemie auf eine Panne in einem chinesischen Labor zurückzuführen sei.
Laut «WSJ» vertreten vier US-Geheimdienste hingegen die Auffassung, dass die Corona-Pandemie auf natürliche Weise ausgelöst worden sei. Zwei andere US-Geheimdienste seien in der Frage unentschieden.
Sicherheitsberater: «Keine definitive Antwort»
Der Nationale Sicherheitsberater im Weissen Haus, Jake Sullivan, betonte entsprechend am Sonntag, dass es bei dem Thema weiterhin eine «Vielzahl an Sichtweisen» gebe. «Zur Zeit gibt es auf diese Frage keine definitive Antwort aus den Geheimdiensten», sagte er dem Sender CNN.
Die Regierung in Peking reagierte empört auf die Berichte über die Labor-These. Experten Chinas und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seien zu dem Schluss gekommen, dass ein Laborleck keine mögliche Ursache für die Corona-Pandemie sei, sagte Aussenamtssprecher Mao Ning am Montag bei der regelmässigen Pressekonferenz des chinesischen Aussenministeriums. Die an der Verbreitung der Labor-These Beteiligten sollten «aufhören, China zu besudeln und aufhören, das Thema der Ursachenforschung zu politisieren».
Die WHO hatte Mitte Februar klargestellt, dass die Untersuchung der Ursachen der Corona-Pandemie noch nicht abgeschlossen sei. Die WHO werde alles in ihrer Macht Stehende tun, «bis wir die Antwort erhalten», erklärte ihr Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Wissenschaftler erachten die Klärung des Pandemie-Ursprungs als entscheidend für die Bekämpfung und Vermeidung von Pandemien in der Zukunft.
Ursprung in Wuhan
Die Corona-Pandemie war Ende 2019 in China ausgebrochen und hatte sich zunächst in der Millionenmetropole Wuhan ausgebreitet. Durch das Virus starben weltweit fast sieben Millionen Menschen. Die Pandemie und die zu ihrer Eindämmung getroffenen Massnahmen hatten zudem schwerwiegende wirtschaftliche und soziale Folgen.
Erst im Januar 2021 konnte dann ein internationales Experten-Team der WHO Wuhan besuchen – mehr als ein Jahr nach Entdeckung des Virus. Der von den Experten vorgelegte Bericht lieferte aber keine klaren Ergebnisse zum Ursprung der Pandemie.
Die sogenannte Labor-Theorie, derzufolge das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2 aus dem Virologischen Institut von Wuhan entwichen sei, stuften die WHO-Experten aber als «extrem unwahrscheinlich» ein. Wahrscheinlich sei, dass der Erreger durch eine als Zwischenwirt genutzte Tierart auf den Menschen übertragen wurde. Welche Tierart es gewesen sein könnte, blieb offen.
An dem Bericht und der Untersuchung selbst waren aber schnell Zweifel und Kritik laut geworden. Viele Länder äusserten Besorgnis darüber, dass den internationalen Experten bei ihrer Untersuchung in China Zugang zu wichtigen Daten verwehrt worden sei. Weitere Untersuchungen, wie sie auch vom WHO-Chef gefordert wurden, lehnte die chinesische Regierung jedoch vehement ab.