Berichte: USA erlauben begrenzt Einsatz von US-Waffen in Russland
Die Ukraine darf in begrenztem Rahmen auch US-Waffen für Angriffe auf Ziele in Russland einsetzen. Dies genehmigen die USA, völkerrechtlich ist es erlaubt.
Das Wichtigste in Kürze
- Die USA erlauben der Ukraine Angriffe auf Ziele in Russland mit US-Waffen.
- Diese werden aber nur im Rahmen der Verteidigung von Charkiw genehmigt.
- Bislang erlaubte der Westen dies aus Furcht vor einer Eskalation nicht.
Die US-Regierung hat der Ukraine übereinstimmenden US-Medienberichten zufolge im Stillen die Erlaubnis erteilt, US-Waffen in begrenztem Umfang gegen Ziele auf russischem Territorium einzusetzen. Dies gelte ausschliesslich für Gegenschläge zur Verteidigung der ostukrainischen Grossstadt Charkiw. Dies berichteten unter anderem das Nachrichtenmagazin «Politico» und der Sender CNN am Donnerstag.
Das ukrainische Militär solle in die Lage versetzt werden, gegen russische Streitkräfte vorzugehen, «die sie angreifen oder sich vorbereiten, sie anzugreifen», zitierte «Politico» einen US-Regierungsvertreter.
Ob die Ukraine sämtliche vom Westen gelieferten Waffen auch für Angriffe auf militärische Ziele in Russland nutzen können sollte, wird derzeit unter Nato-Staaten kontrovers diskutiert. Die Ukraine fordert dies seit längerem, um russische Stellungen effektiver zu bekämpfen. Bisher setzt das Land dafür vor allem eigene Raketen und Drohnen ein. Die westlichen Waffen zielen bisher in erster Linie auf russische Stellungen in den von Moskau besetzten Gebieten der Ukraine.
Westen fürchtet weitere Eskalation
Länder wie die USA und Deutschland haben die Abgabe von bestimmten Systemen nach Angaben aus Bündniskreisen zum Teil an strenge Auflagen für deren Nutzung gekoppelt. Hintergrund ist die Befürchtung, dass der Konflikt mit Russland weiter eskalieren und die Nato zur Kriegspartei werden könnte.
Konkret geht es bei den Auflagen nach Angaben von Militärs unter anderem darum, dass die Ukraine mit Flugabwehrraketensystemen von Typ Patriot keine russischen Kampfflugzeuge im russischen Luftraum abschiessen darf, um zu verhindern, dass diese Raketen oder Gleitbomben auf die Ukraine abfeuern.
USA haben Unterstützung bei Bedarf nachgebessert
Am Mittwoch hatte US-Aussenminister Antony Blinken eine mögliche Kursänderung in der Frage angedeutet. Bei einem Besuch in Moldau signalisierte er, dass die USA womöglich von ihrer rigorosen Ablehnung ukrainischer Schläge gegen Ziele auf russischem Boden abrücken könnten. Seit Beginn des Krieges habe die US-Regierung ihre Unterstützung für die Ukraine ständig an die sich verändernden Bedingungen angepasst. «Und bei Bedarf nachgebessert», sagte er dort. «Und genau das werden wir auch in Zukunft tun.»
Die USA hörten zu, lernten hinzu und träfen immer neue Entscheidungen dazu, was nötig sei, um sicherzustellen, dass die Ukraine sich effektiv verteidigen könne, betonte Blinken in Moldau. Seine Äusserungen stiessen am Donnerstag auf grosses Interesse bei einem Nato-Aussenministertreffen in Prag – wie auch im Kreml.
Angriffe auf Ziele in Russland völkerrechtlich abgesichert
Das Völkerrecht erlaubt es angegriffenen Staaten nach Ansicht von Experten, Aggressoren auch auf ihrem eigenen Territorium zu attackieren, um sich zu verteidigen. Woher die Waffen stammen, ist dabei rein rechtlich gesehen nicht relevant.
Die USA sind der wichtigste Waffenlieferant für Kiew. Daher ist von besonderer Bedeutung, mit welchem Kurs die Amerikaner vorangehen. Die USA stellen der Ukraine ihre Waffen bislang zur Verfügung, damit diese ihre besetzten Gebiete befreit, aber nicht für Angriffe auf militärische Ziele in Russland selbst.
An der generellen US-Position, dass die Ukraine amerikanische Waffen nicht für offensive Angriffe gegen russische Ziele einsetzen soll, hat sich nichts geändert – trotz der nun bekanntgewordenen Ausnahme.
Nato-Generalsekretär begrüsst Erlaubnis
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die Entscheidung der USA begrüsst, Beschränkungen für den Einsatz von amerikanischen Waffen gegen Ziele auf russischem Gebiet zu lockern. «Die Ukraine hat das Recht auf Selbstverteidigung. Und dazu gehört auch das Recht, legitime militärische Ziele innerhalb Russlands anzugreifen», sagte der Norweger am Freitag bei einem Treffen der Verteidigungsminister der Alliierten in der tschechischen Hauptstadt Prag.
Diese Tatsache sei umso wichtiger, da Russland eine neue Front eröffnet habe und vom Norden die Region Charkiw angreife, betonte er. Dort seien die Frontlinie und die Grenzlinie mehr oder weniger dieselbe und Russland attackiere die Ukraine auch mit Raketen und Artillerie an, die in Russland stationiert seien.
«Natürlich muss die Ukraine in der Lage sein, zurückzuschlagen und sich zu verteidigen», sagte Stoltenberg. «Dies ist Teil des Rechts auf Selbstverteidigung.»