Corona global: Wie ein Virus die Welt verändert

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USA,

Wo breitet sich das Coronavirus gerade am rasantesten aus? Wo sind die Gegenmassnahmen am härtesten und die Folgen am dramatischsten? Aber auch: Wo gibt es Hoffnung? Diesen Fragen sind Korrespondenten der dpa in aller Welt nachgegangen - von Washington bis Jakarta.

Kinder in Paris betrachten ein Banner, auf dem eine Danksagung an verschiedene systemrelevante Berufsgruppen aufgedruckt ist. Foto: Francois Mori/AP/dpa
Kinder in Paris betrachten ein Banner, auf dem eine Danksagung an verschiedene systemrelevante Berufsgruppen aufgedruckt ist. Foto: Francois Mori/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit sechs Wochen gelten die besonders strengen Ausgangsverbote in Italien - so lange wie nirgendwo sonst in Europa.

Hier steht nun eine schrittweise Lockerung bevor. Aufbruchsstimmung mag aber trotzdem nirgendwo so richtig aufkommen. Ein Blick um die Welt in Zeiten von Corona.

USA - Wachsende Ungeduld

Wann können die USA zur Normalität zurückkehren? US-Präsident Donald Trump hat vergangene Woche Richtlinien vorgestellt, nach denen die Schutzmassnahmen in den einzelnen Bundesstaaten bei Erfüllung bestimmter Kriterien in drei Phasen gelockert werden können. Unter anderem sollen die Fallzahlen vor dem Eintritt in jede Phase über 14 Tage abnehmen. Doch die Ungeduld wächst.

Der Gouverneur von Georgia, der Republikaner Brian Kemp, kündigte am Montag an, dass ab Freitag unter anderem Fitnessstudios, Friseure und Nagelstudios unter Einhaltung strikter Vorschriften - etwa um soziale Distanz zu gewährleisten - wieder öffnen können. Von kommendem Montag an soll dies auch für Theater gelten und Restaurants sollen wieder Gäste empfangen können. Bars und Clubs dagegen müssen weiterhin geschlossen bleiben. Es handele sich um «wohlüberlegte Massnahmen», sicherte Kemp zu. Die Zahl der nachgewiesenen Neuinfektionen pro Tag in dem Staat im Süden der USA ist nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums erst seit dem 15. April rückläufig.

Führende Gesundheitsexperten des Landes mahnen weiter Vorsicht an. Trumps Berater in der Corona-Krise, der Virologe Anthony Fauci, warnte am Montag, dass es «nach hinten losgehen» könnte. «Wenn wir das Virus nicht unter Kontrolle bringen, wird die wirkliche wirtschaftliche Erholung nicht stattfinden», sagte Fauci. Gouverneure kritisieren die Trump-Regierung über Parteigrenzen hinweg wegen des Mangels an Testkapazitäten. Nach Ansicht der Regierung gibt es aber genügend Tests für Lockerungen der Corona-Massnahmen.

ITALIEN - Vorbereitungen für «Phase 2»

Rund zwei Monate nach dem Ausbruch der Corona-Krise in Italien bereitet sich das Land auf deutliche Lockerungen der Beschränkungen vor. Die Regierung will bis Ende dieser Woche ihre Pläne für ein schrittweises Aufheben von Produktionsstopps und Ausgangsverboten für die Bürger ab dem 4. Mai vorlegen. Ministerpräsident Giuseppe Conte warnte aber auf Facebook davor, dass Italien seine Fortschritte im Kampf gegen die Ausbreitung der Lungenkrankheit nicht durch ein zu schnelles Vorgehen riskieren dürfe. Italien zählt bisher mehr als 24 000 Covid-19-Tote.

Zuvor hatte der nationale Zivilschutz, der die Zahlen zur Corona-Ausbreitung bündelt, über viele Tage immer mehr positive Signale vermeldet: Zwar gab es weiter Neuinfektionen, doch der Anstieg war am Montag der geringste seit fünf Wochen gewesen. Die Gesamtzahl der Fälle seit Beginn des Ausbruchs im Februar stieg nur noch um gut ein Prozent auf 181 288. Erstmals sank sogar die Zahl von aktuell als Sars-CoV-2-positiv registrierten Menschen minimal ab.

Noch wichtiger für das Land waren jüngste Berichte aus Notaufnahmen und Krankenhäusern im Norden. In Bergamo in der Lombardei etwa hatten Bilder von Sterbenden auf den Gängen in Krankenstationen die Welt aufgerüttelt. Am Montag hiess es aus dem Hospital «Papa Giovanni XXIII» in der Stadt, dass im Wartebereich der Notaufnahme wieder Stühle stünden. Auf dem Höhepunkt der Krise waren sie weggebracht worden, um für Betten mit Beatmungsgeräten Platz zu schaffen, wie die Nachrichtenagentur Ansa schrieb.

ÖSTERREICH - Nagelstudios dürfen wieder öffnen

Österreich ist mit seinem Öffnungsplan weiter als das benachbarte Deutschland, fast alle Dienstleistungen dürfen ab Anfang Mai wieder angeboten werden. Kanzler Sebastian Kurz gab bekannt, dass neben den Friseuren nun unter anderem Kosmetik- und Nagelstudios ihre Services wieder anbieten dürfen. Ausgenommen seien Dienstleistungen im Freizeit- und Tourismusbereich. Zudem dürfen sämtliche Geschäfte wieder öffnen. «Wir gehen diesen Weg, weil wir in Österreich ganz besonders diszipliniert waren und weil die Entwicklung bei uns eine bessere ist als in anderen Ländern», sagte Kurz. In Tirol wird der Weg in Richtung Normalität mit dem Quarantäne-Ende etwa für Ischgl ab Donnerstag weiter beschritten.

Der Neustart in der Gastronomie soll nach Angaben der Regierung am 15. Mai erfolgen. Mitarbeiter der Lokale müssten dann einen Mund-Nasen-Schutz tragen, für die Gästezahl gelte eine Obergrenze, so Kurz. Zudem müssten die Lokale spätestens um 23 Uhr schliessen. Auch Gottesdienste seien ab diesem Datum unter Einhaltung von Abstandsregeln wieder möglich. Für die wirtschaftliche Entwicklung bedeute das «Licht am Ende des Tunnels». Die Entwicklung sei so gut, «dass Vieles schneller möglich scheint», sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).

Ziel sei es zudem, dass ab 15. Mai die Schulen schrittweise wieder den Unterricht aufnehmen könnten. Für Abiturienten und Lehrlinge solle die Vorbereitung auf die Abschlussprüfungen bereits ab dem 4. Mai beginnen. Ab wann die Tourismus- und Freizeitwirtschaft ihre Dienstleistungen wieder anbieten darf, blieb offen.

FRANKREICH - Wissenschaftler warnen vor zu weitreichenden Lockerungen

Frankreich blickt verhalten auf das Ende der Ausgangsbeschränkungen am 11. Mai - auch weil zur Zeit noch vieles offen ist. Wissenschaftler warnen vor zu weitgehenden Lockerungen. Im ganzen Land werden sich den Schätzungen von Forscherinnen und Forschern zufolge bis dahin 3,7 Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert haben, heisst es in einer Studie des Instituts Pasteur. Das entspräche 5,7 Prozent der Bevölkerung und sei bei weitem nicht ausreichend, um eine zweite Welle der Pandemie zu verhindern.

Premier Édouard Philippe hatte bereits gewarnt, dass das Leben im Land dann keinesfalls wie vor der Einführung der strengen Ausgangsbeschränkungen sein wird. Restaurants oder Bars bleiben weiter geschlossen. Bildungsminister Jean-Michel Blanquer kündigte an, dass die Öffnung der Schulen nach dem Alter erfolgen könne, wobei die Jüngsten als erste wieder in die Schule gehen würden.

Besonders schwierig dürfte die Lage in Paris werden - der Grossraum ist besonders heftig von der Pandemie getroffen. Die Präsidentin der Hauptstadtregion, Valérie Pécresse, schätzt, dass nur etwa eine Million Menschen den öffentlichen Nahverkehr unter guten Sicherheitsbedingungen nutzen können werden - normalerweise sind es täglich mehrere Millionen. «Wir werden die Arbeit im Homeoffice mindestens bis zum Sommer aufrechterhalten müssen.» Hinzu kommt, dass Mitte März schätzungsweise mehr als eine Million Menschen den Grossraum Paris verlassen haben und etwa in ihre Zweitwohnsitze gefahren sind. Spätestens am 11. Mai werden sie wieder zurückkommen.

RUSSLAND - Proteste gegen Ausgangssperren

Im Internet formiert sich Widerstand gegen die strengen Ausgangssperren. Landesweit fordern Russen von der Regierung zudem Schadenersatz für den Verlust von Jobs und Einkommen. Auch ein Rücktritt von Kremlchef Wladimir Putin wurde bereits gefordert. Die Menschen nutzen dafür die Online-Plattform Yandex, um dort auf Strassenkarten mit einer speziellen Kommentarfunktion Protestbotschaften zu hinterlassen. Die kremlkritische Zeitung «Nowaja Gaseta» und der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny kritisierten, dass der Internetriese die Kommentare lösche.

Viele Menschen verlangen, dass in Russland wie in anderen Ex-Sowjetrepubliken der Ausnahmezustand verhängt wird, um damit Anspruch auf staatliche Hilfen zu haben. «Ein realistischer Tod durch Verhungern ist schlimmer als der hypothetische durch das Virus», schrieb ein Bürger auf der Plattform. Andere klagten, dass sie kein Einkommen mehr hätten, aber von ihren laufenden Kosten nicht befreit würden. Arbeitslose können auf maximal 12 130 Rubel (knapp 150 Euro) Hilfe vom Staat hoffen. «Füttert meine Kinder!» und «Wollen essen! Keine Arbeit!» hiess es in den Kommentaren.

Die Kommentarfunktion für Strassenkarten dient eigentlich dazu, um etwa über Verkehrsunfälle zu informieren. Nun entdecken viele Nutzer, dass damit auch Protestbotschaften etwa an Regierungsgebäuden hinterlassen werden können. In Wladikawkas im Nordkaukasus brach sich der Volkszorn dennoch auch auf der Strasse Bahn. Mehr als 1000 Menschen protestierten gegen den kollektiven «Hausarrest». Der Kreml verteidigte den Polizeieinsatz gegen die «illegale» Kundgebung - und forderte, die Probleme auf dem Weg des Dialogs zu lösen.

INDONESIEN - Reisen zum Fastenbrechen verboten

Die indonesische Regierung hat in der Corona-Krise nun doch Reisen zum Fest des Fastenbrechens verboten. Der islamische Fastenmonat Ramadan endet um den 23. Mai mit den Fest Eid al-Fitr. Vergangenes Jahr waren dazu etwa 15 Millionen Muslime aus der Hauptstadtregion Jakarta Richtung Heimat gefahren. Eine solche Reisewelle soll nun wegen der Ansteckungsgefahr verhindert werden.

Damit vollzog Präsident Joko Widodo eine Kehrtwende. Zuerst hatte er die Reisen gestattet, mit der Auflage, die Gläubigen müssten sich dann daheim isolieren. Am Dienstag untersagte er sie komplett. Islamgelehrte hatten zuvor erklärt, solche Reisen während einer Pandemie seien «haram», also verboten. Mit mehr als 260 Millionen Einwohnern ist der Inselstaat das bevölkerungsreichste muslimische Land der Welt.

In Indonesien gibt es bislang 7135 Infektionen mit dem Erreger Sars-CoV-2, der die Lungenkrankheit Covid-19 auslösen kann. 616 Menschen starben.

GRIECHENLAND - Jeder Dritte in Flüchtlingsunterkunft erkrankt

In einem Hotel auf der griechischen Halbinsel Peloponnes sind mehr als 150 Flüchtlinge positiv auf das Coronavirus getestet worden. Das Hotel mit etwa 470 Flüchtlingen, das als provisorische Unterkunft für Migranten dient, war bereits am Vortag wegen des Coronavirus unter Quarantäne gestellt worden. Zuvor war eine Frau aus Somalia, die in diesem Hotel lebte, positiv auf den Erreger getestet worden.

«Wir werden alles tun, um die Ausbreitung des Virus einzuschränken», sagte ein Regierungssprecher am Dienstag in Athen. Der für den Zivilschutz zuständige griechische Vizeminister Nikos Chardalias betonte im Staatsfernsehen: «Es besteht kein Grund zur Panik.»

In den vergangenen Wochen wurden bereits zwei Flüchtlingscamps nördlich von Athen unter Quarantäne gestellt. In griechischen Lagern leben nach Angaben des Migrationsministeriums insgesamt etwa 100 000 Menschen. Davon harren etwa 39.000 auf Inseln im Osten der Ägäis aus. Dort wurde bislang aber kein Corona-Fall diagnostiziert. In allen Lagern gelten bereits seit Wochen Ausgangsbeschränkungen. Zudem wurden Container mit Isolierstationen eingerichtet.

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